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Der grosse Kalanag

Aus Zauber-Pedia
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Der grosse Kalanag

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Untertitel Wie Hitlers Zauberer die Vergangenheit verschwinden ließ und die Welt eroberte
Idee/Autor Malte Herwig
Verlag Penguin
Ersch.-Jahr 2021
Umfang 472 Seiten
Größe 22 x 14,5 cm
Land Deutschland
Sprache Deutsch


Der große Kalanag ist der Titel einer Biografie über den Zauberkünstler Kalanag, Helmut Schreiber.

Inhalt

Malte Herwig hat in diesem Sachbuch im Erzählstil das Leben und Wirken von Helmut Schreiber, alias Kalanag, aufgezeigt. Darin werden das Privat- wie auch das Bühnenleben beschrieben, wobei Helmut Schreibers Wirken in der NS-Zeit ebenso dargestellt wird. So trägt das Buch auch den Untertitel Wie Hitlers Zauberer die Vergangenheit verschwinden ließ und die Welt eroberte.

Besprechung in der Zeitschrift Magische Welt

Roman Ertl: Der promovierte Autor ist ausgewiesener Experte für deutsche Geschichte und konnte aus zahlreichen Quellen historisch belegte Fakten finden, die er literarisch zu diesem packenden Werk zusammenfügte. Denn er ist ein einfühlsamer Autor, der sich für den Leser plausibel in seine erforschten und interviewten Figuren einfinden kann und uns dadurch in jene vergangene Zeit mitzunehmen vermag, die von vielen Zauberern als genauer zu betrachten gewünscht wird. Malte Herwig zeichnet in seinen Nachforschungen das Leben des „Kalanag“ Helmut Schreiber von seinen jungen Jahren bis zu seinem doch eher frühen Ableben nach. Viele Details konnten ermittelt und auch anhand von Bildern veranschaulicht werden. Schlüsselszenen in dem Leben dieses weltbekannten Zauberers, Filmproduzenten und Präsidenten des MZvD werden dabei dramaturgisch inszeniert und emotional bewegend dargelegt. Exemplarisch kann so auch eine Zeitepoche in ihren Ambivalenzen gespiegelt werden. Das Buch beginnt nicht chronologisch mit Trockenheitstendenz, sondern Herwig zieht die Lesenden gleich in den Bann, indem er den sonst souveränen Schreiber vor einem ganz bestimmten Auftritt doch nervös werden lässt – als der vor der Tür des Führers wartend schließlich eingelassen wird. Die Kompetenzen des talentierten Showmasters Schreiber wecken das Interesse der Nazis. Der sieht seine Karrierechancen und nutzt sie. Ein nächster Schnitt im Buch führt ins London der 50er Jahre. Kalanag mit Partnerin Gloria erzielen mit ihrem Revueprogramm „Simsalabim“ sensationelle Erfolge und werden von dem angelsächsischen Publikum sowie den Zauberkollegen gefeiert. Doch woher hat dieser Magier so kurz nach einem verlorenen 2. Weltkrieg die finanziellen Möglichkeiten, eine derart überwältigende und kostenintensive Show zu produzieren? Erst das nächste Kapitel beginnt mit Schreibers Kindheit, dann seine ersten magischen Schritte und Erfolge, um in aufregende Erfahrungen der Filmbranche zu münden: Der junge Mann kommt in das Team von Alfred Hitchcock. Schreibers charmante Art und sein Talent lassen ihn schnell beim Film Karriere machen. Als Aufnahmeleiter dreht er Kinofilme mit exotischer Kulisse und weiß die Sehnsüchte des Publikums einzuschätzen: nach Ferne oder Nationalstolz, denn Letzterer lag nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg am Boden. Der Student lernt, dass Schein mehr bedeutet als Sein. Die weiteren Kapitel zeichnen die Jahre vor der Machtergreifung. Das Elend der Wirtschaftskrise und Schreibers geschicktes Durchhangeln, der populäre Okkultismus und die Faszination der öffentlichen Hypnose, die deutschnationale Bewegung und die Chancen mit reißerischer Werbung aufzufallen. Schreiber konnte sich von der Leichtgläubigkeit der Menschen überzeugen, als er die Vorstellungen von Hanussen besuchte. Obwohl er die Tricks des „Hellsehers“ durchschaute, beeindruckte ihn dessen Gabe als Showman.

Schreiber produzierte Filme in Lateinamerika, Afrika und Asien, war bei der Fox in Hollywood angestellt und spielte Ende der 30er Jahre sich selbst als Zauberer neben Filmgrößen wie Theo Lingen, Hans Moser, Luis Trenker und Paul Hörbiger in einem Revuefilm. Er pflegte die Nähe mit Filmstars wie Hans Albers, Brigitte Horney und Emil Jannings. Der Zauberer Kalanag und der Produzent Helmut Schreiber lassen sich nun nicht mehr voneinander trennen. Als eingesetzter Präsident des MZvD zauberte Schreiber weiter – auch vor Göring und Goebbels. Herwig enthält sich dabei einer Bewertung und überlässt Zeitzeugen die beschreibenden Adjektive über den erfolgreichen Filmproduzenten, der inzwischen mit Durchhaltefilmen Auszeichnungen erhält. Auch befasst sich der Autor umfassender mit der Filmbranche, in der Schreiber ein immer größeres Rädchen wird. Detailliert sind ebenfalls die Recherchen zu Schreibers Wirken im Magischen Zirkel, der dort die Gleichschaltung umsetzte. Zauberhistoriker dürfte hier u. a. auch der Kampf zwischen Fredo Marvelli und Kalanag interessieren. Herwig weiß diese Intrige im Kapitel „Duell der Magier“ zu inszenieren. Nach Kriegsende suchten in der amerikanisch besetzten Zone die Militärs nach Haupttätern. Schreiber geriet in Verdacht, doch in der Filmbranche schoben die Verantwortlichen sich gegenseitig Schuld in die Schuhe. Als Mitglied des IBM fand Kalanag Vereinskollegen bei den Offizieren, die ihm sogar aus Österreich seine Requisiten beschaffen konnten. Und eine weitere abenteuerliche Legende, die um das Nazi-Gold, mit dem sich Kalanag zwei Jahre nach Kriegsende seine teure Revueshow finanziert haben soll, führt Herwig auf. Das vom zuständigen Offizier für Entnazifizierung aufgezeichnete Gesprächsprotokoll von Cpt. Moeller mit der Gattin und späteren Bühnenpartnerin Gloria de Vos besticht durch deren eloquente Gesprächsführung. Frau Schreiber vermochte eine Anklage umzudrehen und es entsteht das Bild einer Frau, die mit allen Wassern gewaschen scheint. Schreiber war nämlich in die britische Besatzungszone geflüchtet, weil ihm als ehemaliger Direktor der Bavaria von den Amerikanern eine Anklage drohte. Herwig zeigt umfassende Anschuldigungen gegen den Flüchtenden auf. Dieser kann sich aber mit Anwaltshilfe, Angaben über eine angebliche Mitgliedschaft in einer Widerstandsgruppe sowie von überzeugenden Unterstützern der Vorwürfe entledigen. Aufgrund seiner Hartnäckigkeit, Beziehungen und Überzeugungskraft erhielt er schließlich sogar eine Auftrittsgenehmigung von den Besatzern. Seine Shows waren sofort ausverkauft und ein Kulturoffizier namens Roger Moore begleitet Gloria und Kalanag durch die britische Zone. Der kreative Magier entwickelte immer wieder neue Kunststücke, um sein Publikum in Atemlosigkeit zu halten. Die Zaubereien mit dem Geparden Simbo sah auch der junge Siegfried Fischbacher und inspirierte ihn. Kalanags Wunderbar erfüllte die Träume der Menschen im Nachkriegseuropa. Herwig wechselt nun auf die familiäre Situation des Zaubermeisters, insbesondere auf das Wiedersehen mit seiner unehelichen Tochter, die er fast 30 Jahre nicht sah. Dann wieder ein Schwenk auf die 50er Jahre. Kalanag reist durch die Welt, zaubert in Quebec vor 21 000 Zuschauern, bleibt 14 Monate in Brasilien und ist in Südafrika erfolgreich. Doch sein Privatleben ist eine Katastrophe. Nach einer Affäre des Magiers verlässt Gloria ihn. Die Trostlosigkeit gewinnt Überhand. Er isst sich zu Tode; Herzversagen wird hier als Ursache für den 60-Jährigen angegeben. Malte Herwig wartet noch mit weiteren überraschenden Details auf, seine Recherchen können viele dunkle Geheimnisse ans Tageslicht bringen. Er schließt mit den Worten „für einen Roman wäre Kalanags Leben zu unglaubwürdig“. Die umfangreiche Quellenlage des Autors umfasst nahezu 50 Seiten. Das Buch ergänzt bisherige Veröffentlichung über Helmut Schreiber und besticht durch seine spannende – romanhafte – Darstellung, welche die Balance zur Dokumentation halten kann.

Die Kapitel

  • Vorhang auf
  • Ein Magier aus Deutschland
  • Du sollst nicht zaubern
  • Tausendkünstler
  • Null und Neun
  • Der talentierte Herr Schreiber
  • Bei Papa Benz
  • Okkulte Erlebniss
  • Geheimrat Moll
  • Die merkwürdigste aller Organisationen
  • Bruder Hanussen
  • In der Albtraumfabrik
  • Der Österreicher
  • Stets zeitgemäß
  • Erklären verboten
  • Weihnachten in Carinhall
  • Marvelli
  • Duell der Magier
  • Der größte Lump im ganzen Land
  • Zauberei an allen Fronten
  • Der Untergang
  • Nazi-Gold
  • Eine Karteikarte erscheint
  • Ein Parteiabzeichen verschwindet
  • Ein Freund, ein guter Freund
  • Widerstand
  • Persilschein aus dem Nichts
  • Marvellis Rache
  • Das Unmögliche wrd möglich
  • Simsalabim, da bin ich wieder
  • Der Herr Direktor
  • Die doppelte Brigitte
  • Der Geheimagent
  • Die Verzauberung der Welt
  • Vergib uns unsere Sünden
  • Freies Fernsehen
  • Ehrlicher Schwindel
  • Das Herz des Zauberers
  • Die sieben Schlüssel

Weblinks