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Jacob Meyer: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Jacob Philadelphia''' (eigentlich ''Jacob Meyer'', auch: ''Philadelphus Philadelphia''<ref>''Philadelphus Philadelphia'' in dem Lichtenbergschen Avertissement, das den Namen aus der Eigenwerbung des Künstlers übernimmt. Philo-Lexikon. Handbuch des jüdischen Wissens, 3. Aufl. Berlin 1936, Sp. 821 : Stichwort: „Zauberkünstler, j.“ : ''im 18. Jhd. Philadelphus Philadelphia (als Jakob Meyer geb.)''</ref> und ''Jakob Meyer-Philadelphia''; * angeblich [[14. August]] [[1735]] in Philadelphia; † nach [[1795]] <ref>nach Wolfgang Promies (1974) und Marion Philadelphia (1999) sind Todesjahr und Todesort unbekannt</ref>) war ein Vereinigte Staaten|US-amerikanischer Zauberkünstler.<ref>Er wird bei der Deutsche Nationalbibliothek|DNB als „Meyer, Jakob“ geführt. Wie es sich für einen Magier gehört, hat er dort noch einen zweiten Eintrag: „Philadelphia, Jacob. Amerikan. Gaukler, Medicus u. Mystiker“ [http://d-nb.info/gnd/120735385 DNB]</ref> Jacob Meyer nahm als Künstlernamen den Namen seiner Geburtsstadt Philadelphia an. In Pennsylvania wurde um 1900 ein Stich mit dem Konterfei des Jacob Philadelphia mit dem Datum 14. August 1735 gefunden<ref name="Heymann360">Fritz Heymann, ''Der Chevalier von Geldern'', Königstein 1985, S.360-383</ref>, es ist aber unklar, wann und in welchem Zusammenhang das Bild entstanden ist<ref>Abbildung bei Marion Philadelphia, ''Der Gaukler der Könige'', München 1999, S. 3</ref>.
'''Jacob Philadelphia''' (eigentlich ''Jacob Meyer'', auch: ''Philadelphus Philadelphia''<ref>''Philadelphus Philadelphia'' in dem Lichtenbergschen Avertissement, das den Namen aus der Eigenwerbung des Künstlers übernimmt. Philo-Lexikon. Handbuch des jüdischen Wissens, 3. Aufl. Berlin 1936, Sp. 821 : Stichwort: „Zauberkünstler, j.“ : ''im 18. Jhd. Philadelphus Philadelphia (als Jakob Meyer geb.)''</ref> und ''Jakob Meyer-Philadelphia''; * angeblich [[14. August]] [[1735]] in Philadelphia; † nach [[1795]] <ref>nach Wolfgang Promies (1974) und Marion Philadelphia (1999) sind Todesjahr und Todesort unbekannt</ref>) war ein US-amerikanischer Zauberkünstler.<ref>Er wird bei der Deutsche Nationalbibliothek|DNB als „Meyer, Jakob“ geführt. Dort gibt es zusätzlich einen zweiten Eintrag: „Philadelphia, Jacob. Amerikan. Gaukler, Medicus u. Mystiker“ [http://d-nb.info/gnd/120735385 DNB]</ref> Jacob Meyer nahm als Künstlernamen den Namen seiner Geburtsstadt Philadelphia an. In Pennsylvania wurde um 1900 ein Stich mit dem Konterfei des Jacob Philadelphia mit dem Datum 14. August 1735 gefunden<ref name="Heymann360">Fritz Heymann, ''Der Chevalier von Geldern'', Königstein 1985, S.360-383</ref>, es ist aber unklar, wann und in welchem Zusammenhang das Bild entstanden ist<ref>Abbildung bei Marion Philadelphia, ''Der Gaukler der Könige'', München 1999, S. 3</ref>.
   
   
== Leben ==
== Leben ==
Philadelphia soll vor seiner Abreise nach England Anfang der 1750er Jahre ein Schüler des in Germantown (Philadelphia)|Germantown, Pennsylvania ansässigen Arztes und Rosenkreuzer|Rosenkreuzers Christopher Witt (1675–1765) gewesen sein.<ref>Julius Friedrich Sachse: ''Jacob Philadelphia, Mystic and Physicist''. In: Publications of the American Jewish Historical Society, XVI (1908), S. 80 ff.</ref><ref>Julius F. Sachse: ''The German Sectarians of Pennsylvania, 1708–1742''. 2 Bände, Philadelphia 1899-1900.</ref><ref>Helen Hirsch: ''Philadelphus Philadelphia, Scientist and Magician''. In: The American-German review, XXIV (1957), S. 34–36.</ref>
Philadelphia soll vor seiner Abreise nach England Anfang der 1750er Jahre ein Schüler des in Germantown, Pennsylvania, ansässigen Arztes und Rosenkreuzers Christopher Witt (1675–1765) gewesen sein.<ref>Julius Friedrich Sachse: ''Jacob Philadelphia, Mystic and Physicist''. In: Publications of the American Jewish Historical Society, XVI (1908), S. 80 ff.</ref><ref>Julius F. Sachse: ''The German Sectarians of Pennsylvania, 1708–1742''. 2 Bände, Philadelphia 1899-1900.</ref><ref>Helen Hirsch: ''Philadelphus Philadelphia, Scientist and Magician''. In: The American-German review, XXIV (1957), S. 34–36.</ref>


In Europa entwickelte Philadelphia seit 1757 aus Vorträgen über Mathematik, Mechanik und Metaphysik eine magische Show. Sein Auftreten wurde unter anderem von Christian Friedrich Daniel Schubart|Schubart, Friedrich Schiller und Johann Wolfgang von Goethe|Goethe notiert. Philadelphia hielt sich zunächst beim Henry, Duke of Cumberland and Strathearn|Herzog von Cumberland in England auf<ref name="Heymann360"/>, danach in Portugal, 1771 war er in Sankt Petersburg bei Katharina II. (Russland)|Katharina II, danach beim Sultan Mustafa III. in Konstantinopel, 1773 am kaiserlichen Hof in Wien, danach bei Friedrich II. (Preußen)|Friedrich II. in Berlin, laut Schubarts ''Deutscher Chronik'' waren er und der Seeheld Alexei Grigorjewitsch Orlow 1775 in Sachsen. Philadelphia habe für den Besuch seiner Vorstellungen exorbitant hohe Eintrittspreise verlangt, habe allerdings bei den angekündigten Effekten auch nicht übertrieben. <ref name="Oettermann314">Stephan Oettermann [SO], Erläuterung zum Avertissement, Ausstellungsstück #660, in: ''Georg Christoph Lichtenberg, 1742–1799, Wagnis der Aufklärung.'' Ausstellungskatalog, Darmstadt 1992 [http://d-nb.info/994737823 DNB] , S. 314f</ref>
In Europa entwickelte Philadelphia seit 1757 aus Vorträgen über Mathematik, Mechanik und Metaphysik eine magische Show. Sein Auftreten wurde unter anderem von Christian Friedrich Daniel Schubart, Friedrich Schiller und Johann Wolfgang von Goethe notiert. Philadelphia hielt sich zunächst beim Herzog von Cumberland in England auf<ref name="Heymann360"/>, danach in Portugal, 1771 war er in Sankt Petersburg bei Katharina II., danach beim Sultan Mustafa III. in Konstantinopel, 1773 am kaiserlichen Hof in Wien, danach bei Friedrich II. in Berlin, laut Schubarts ''Deutscher Chronik'' waren er und der Seeheld Alexei Grigorjewitsch Orlow 1775 in Sachsen. Philadelphia habe für den Besuch seiner Vorstellungen exorbitant hohe Eintrittspreise verlangt, habe allerdings bei den angekündigten Effekten auch nicht übertrieben. <ref name="Oettermann314">Stephan Oettermann [SO], Erläuterung zum Avertissement, Ausstellungsstück #660, in: ''Georg Christoph Lichtenberg, 1742–1799, Wagnis der Aufklärung.'' Ausstellungskatalog, Darmstadt 1992 [http://d-nb.info/994737823 DNB] , S. 314f</ref>


== Lichtenbergs Avertissement ==
== Lichtenbergs Avertissement ==
Am 7. Januar 1777 ließ Georg Christoph Lichtenberg während eines Gastspiels des Zauberkünstlers in Göttingen ein Plakat|„Avertissement“ drucken, auf dem für Philadelphias Programm in maßlos satirischer Übertreibung geworben wurde.<ref>Wolfgang Promies (Hrsg.), Georg Christoph Lichtenberg: ''Schriften und Briefe.'' Hanser, München 1974, S.&nbsp;253&nbsp;ff., und ''Schriften und Briefe: Kommentar zu Band III.'' Hanser, München 1974, S.&nbsp;101–107.</ref> Unter den sieben „einfachen“ Alltags-Kunststückchen wurde als erstes angekündigt, Philadelphia werde blitzschnell den Windrichtungsgeber|Wetterhahn der St.-Jacobi-Kirche (Göttingen)|Jacobikirche mit der Fahne auf der St.-Johannis-Kirche (Göttingen)|Johanniskirche vertauschen, und wieder zurück: ''Nota bene. Alles ohne Magnet durch bloße Geschwindigkeit.'' Der so bloßgestellte Philadelphia verließ Göttingen, ohne eine Vorstellung gegeben zu haben. Möglicherweise hat Lichtenberg seinen „geistreichelnden Hieb“ auch ein bisschen bereut, da Philadelphias marktschreierische Vermarktung physikalischer und chemischer Erscheinungen dem eigenen Bestreben, ein Interesse an naturwissenschaftlicher (und gesellschaftlicher) Aufklärung zu wecken, nicht völlig zuwiderlief. Lichtenberg hat sich zu seiner nach eigenen Worten „ruchlosen Satire“ auch nicht öffentlich bekannt, wurde aber vom Kollegen Abraham Gotthelf Kästner wegen Doppelmoral|Doppelzüngigkeit Epigramm|epigrammatisch gerügt<ref name="Oettermann314"/> :
Am 7. Januar 1777 ließ Georg Christoph Lichtenberg während eines Gastspiels des Zauberkünstlers in Göttingen ein Plakat|„Avertissement“ drucken, auf dem für Philadelphias Programm in maßlos satirischer Übertreibung geworben wurde.<ref>Wolfgang Promies (Hrsg.), Georg Christoph Lichtenberg: ''Schriften und Briefe.'' Hanser, München 1974, S.&nbsp;253&nbsp;ff., und ''Schriften und Briefe: Kommentar zu Band III.'' Hanser, München 1974, S.&nbsp;101–107.</ref> Unter den sieben „einfachen“ Alltags-Kunststückchen wurde als erstes angekündigt, Philadelphia werde blitzschnell den Wetterhahn der St.-Jacobi-Kirche (Göttingen) mit der Fahne auf der St.-Johannis-Kirche (Göttingen) vertauschen, und wieder zurück: ''Nota bene. Alles ohne Magnet durch bloße Geschwindigkeit.'' Der so bloßgestellte Philadelphia verließ Göttingen, ohne eine Vorstellung gegeben zu haben. Möglicherweise hat Lichtenberg seinen „geistreichelnden Hieb“ auch ein bisschen bereut, da Philadelphias marktschreierische Vermarktung physikalischer und chemischer Erscheinungen dem eigenen Bestreben, ein Interesse an naturwissenschaftlicher (und gesellschaftlicher) Aufklärung zu wecken, nicht völlig zuwiderlief. Lichtenberg hat sich zu seiner nach eigenen Worten „ruchlosen Satire“ auch nicht öffentlich bekannt, wurde aber vom Kollegen Abraham Gotthelf Kästner wegen Doppelmoral|Doppelzüngigkeit Epigramm|epigrammatisch gerügt<ref name="Oettermann314"/> :
:''Jack Philadelphens Spiel / verscheuchtest Georg-August-Universität Göttingen|Augusta du? / Und sahst doch vierzig Jahr den / Spielen Samuel Christian Hollmann|Hollmanns zu ?''
:''Jack Philadelphens Spiel / verscheuchtest Georg-August-Universität Göttingen|Augusta du? / Und sahst doch vierzig Jahr den / Spielen Samuel Christian Hollmann|Hollmanns zu ?''
Am 17. Februar 1777 stürzte ein Turm der St.-Nikolai-Kirche (Göttingen)|Nicolai-Kirche in Göttingen ein, was Lichtenberg nachdenklich machte.
Am 17. Februar 1777 stürzte ein Turm der Nicolai-Kirche in Göttingen ein, was Lichtenberg nachdenklich machte.


Goethe vermerkte für den 22. und 23. April 1777 den Aufenthalt Philadelphias in Weimar. In einem Schreiben vom 27. Mai 1783 – dem einzigen überlieferten Manuskript|handschriftlichen Zeugnis – bot Philadelphia dem König von Preußen die Gründung einer Seehandelsgesellschaft zwischen Preußen und den USA an, dessen Empfang der Minister Friedrich Wilhelm von der Schulenburg-Kehnert|von der Schulenburg diplomatisch hinhaltend quittierte.<ref name="Heymann360"/> Zuletzt hatte er sich beim in Schulpforta tätigen Mathematiklehrer Johann Gottlieb Schmidt aufgehalten, der sich danach rühmte, ein paar der Kunststücke durchschaut zu haben, danach gibt es keine Aufzeichnungen von Zeitgenossen mehr, und die Biografie geht in Ammenmärchen|Volkslegenden auf, in denen es sich für einen Geisterbeschwörung|Schwarzkünstler und Zauberer|Erzmagier gehört, einen spektakulären Abgang von der Bühne zu inszenieren.<ref name="Heymann360"/>
Goethe vermerkte für den 22. und 23. April 1777 den Aufenthalt Philadelphias in Weimar. In einem Schreiben vom 27. Mai 1783 – dem einzigen überlieferten Manuskript|handschriftlichen Zeugnis – bot Philadelphia dem König von Preußen die Gründung einer Seehandelsgesellschaft zwischen Preußen und den USA an, dessen Empfang der Minister Friedrich Wilhelm von der Schulenburg-Kehnert diplomatisch hinhaltend quittierte.<ref name="Heymann360"/> Zuletzt hatte er sich beim in Schulpforta tätigen Mathematiklehrer Johann Gottlieb Schmidt aufgehalten, der sich danach rühmte, ein paar der Kunststücke durchschaut zu haben, danach gibt es keine Aufzeichnungen von Zeitgenossen mehr, und die Biografie geht in Ammenmärchen|Volkslegenden auf, in denen es sich für einen Geisterbeschwörung|Schwarzkünstler und Zauberer|Erzmagier gehört, einen spektakulären Abgang von der Bühne zu inszenieren.<ref name="Heymann360"/>


== „Terra incognita: Ein Nachwort“ ==
== „Terra incognita: Ein Nachwort“ ==
Die Literaturwissenschaftlerin und Schriftstellerin Marion Philadelphia sieht sich als eine deutsche Nachkommin und hatte den wissenschaftlichen und literarischen Ehrgeiz, die Geschichte des Jacob Philadelphia zu ergründen. Ihre Forschungen haben den Stoff für einen Roman ergeben, ein mit biografisch genau erfassbaren Daten versehene Person ist trotz der Durchforschung eines Pennsylvanischen Bevölkerungsregisters (Tod, Geburt, Einwanderung), das in einem genealogischen Archiv der Mormonen in Los Angeles noch erhalten ist, nicht herausgekommen. So resümiert und resigniert sie in ihrem Nachwort: „Zu der Zeit schien es weitaus wichtiger, auf dem neuen Kontinent angekommen zu sein, als die alte Heimat zu reflektieren.“ <ref>Marion Philadelphia, ''Der Gaukler der Könige'', München 1999, S. 379</ref>
Die Literaturwissenschaftlerin und Schriftstellerin ''Marion Philadelphia'' sieht sich als eine deutsche Nachkommin und hatte den wissenschaftlichen und literarischen Ehrgeiz, die Geschichte des Jacob Philadelphia zu ergründen. Ihre Forschungen haben den Stoff für einen Roman ergeben, ein mit biografisch genau erfassbaren Daten versehene Person ist trotz der Durchforschung eines Pennsylvanischen Bevölkerungsregisters (Tod, Geburt, Einwanderung), das in einem genealogischen Archiv der Mormonen in Los Angeles noch erhalten ist, nicht herausgekommen. So resümiert und resigniert sie in ihrem Nachwort: „Zu der Zeit schien es weitaus wichtiger, auf dem neuen Kontinent angekommen zu sein, als die alte Heimat zu reflektieren.“ <ref>Marion Philadelphia, ''Der Gaukler der Könige'', München 1999, S. 379</ref>


== Schriften ==
== Schriften ==
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