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San Martino de Kastrozza: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Prof. San Martino de Kastrozza''' (* [[13. April]] [[1877]] in Estland als ''Julius Skrastin''; † [[21. Juni]] [[1946]] in Braunau/Österreich) war ein russischer Berufszauberkünstler, der zusammen mit seiner Partnerin [[La Sultana]] auftrat.  
 
'''Prof. San Martino de Kastrozza''' (* [[13. April]] [[1877]] in Estland als ''Julius Skrastin''; † [[21. Juni]] [[1946]] in Braunau/Österreich) war ein russischer Berufszauberkünstler, der zusammen mit seiner Partnerin La Sultana auftrat.  


== Leben ==
== Leben ==
Auf seinem Schulweg kam er häufig an einem Wandertruppe eines Zirkusses vorbei, die ihn faszinierte. Eines Tages verließ er sein Elternhaus und folgte der Wandertruppe. Er wurde Mitglied im Zirkus. Einige Jahre danach kam er zu einem italienischen Zirkus und schloss sich hier einer Luftakrobatendarbietung an. Bei einem Engagement in Moskaus 1891 stürzten einige er 13-köpfingen Luftakrobaten ab. Auch Kastrozza wurde verletzt und konnte danach nicht mehr als Akrobat arbeiten. Per Zufall lernte er kurz danach den Zauberkünstler [[Bruno Schenk]] kennen, bei dem er in die Lehre ging.  
Auf seinem Schulweg kam de Kastrozza häufig an einer Wandertruppe eines Zirkusses vorbei, die ihn faszinierte. Eines Tages verließ er sein Elternhaus und folgte der Wandertruppe. Er wurde Mitglied im Zirkus. Einige Jahre danach kam er zu einem italienischen Zirkus und schloss sich hier einer Luftakrobatendarbietung an. Bei einem Engagement in Moskaus 1891 stürzten einige der 13-köpfigen Luftakrobaten ab. Auch Kastrozza wurde verletzt und konnte danach nicht mehr als Akrobat arbeiten. Per Zufall lernte er kurz danach den Zauberkünstler [[Bruno Schenk]] kennen, bei dem er in die Lehre ging.


== Presse ==
== Presse ==
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Es ist vielleicht ganz interessant, wenn auch dieses Thema einmal zur Sprache kommt!
Es ist vielleicht ganz interessant, wenn auch dieses Thema einmal zur Sprache kommt!


Professor San Martino de Kastrozza besitzt die Dokumente des „russischen Professors der Zauberkunst“. Er wird, wie ich annehme, indem ich auf vorhergehende Ausführungen hinweise, natürlich auch die deutsche Genehmigung der Titelführung dieses ausländischen Professortitels besitzen. - Kastrozza ist jetziger Estländer im Alter von 62 Jahren. Voll Stolz zeigte er eine goldene Uhr mit dem alten russischen Wappen, ein Geschenk des Bruders des letzten Zaren. Dem russischen Bolschewismus entronnen, ging Kastrozza nach Deutschland und Holland. Alle Größen des russischen Kaiserreiches kannte er natürlich persönlich; Rasputin, Tolstoi usw. traten in seinen Kreis. In Lettland geboren, durch die Schule eines Wanderzirkus gegangen, in Moskau abgestürzt, fühlte er sich von Jugend an zum Zauberkünstler geboren, Er bildete seine Manipulationsfähigkeiten weiter aus. In Petersburg zauberte er vor dem Zaren, wurde dort zum Professor und Hofzauberkünstler ernannt.
Professor San Martino de Kastrozza besitzt die Dokumente des „russischen Professors der Zauberkunst“. Er wird, wie ich annehme, indem ich auf vorhergehende Ausführungen hinweise, natürlich auch die deutsche Genehmigung der Titelführung dieses ausländischen Professortitels besitzen. Kastrozza ist jetziger Estländer im Alter von 62 Jahren. Voll Stolz zeigte er eine goldene Uhr mit dem alten russischen Wappen, ein Geschenk des Bruders des letzten Zaren. Dem russischen Bolschewismus entronnen, ging Kastrozza nach Deutschland und Holland. Alle Größen des russischen Kaiserreiches kannte er natürlich persönlich; Rasputin, Tolstoi usw. traten in seinen Kreis. In Lettland geboren, durch die Schule eines Wanderzirkus gegangen, in Moskau abgestürzt, fühlte er sich von Jugend an zum Zauberkünstler geboren, Er bildete seine Manipulationsfähigkeiten weiter aus. In Petersburg zauberte er vor dem Zaren, wurde dort zum Professor und Hofzauberkünstler ernannt.
Der spanische Königshof und der Schah von Persien sahen ihn zaubern. Kein Wunder, daß es ihm daher finanziell glänzend ging. Mit reichen Geschenken damals überladen, wurde er der Märchenzauberer, den sich viele Kleine erträumt haben, aber nie geworden sind. Und dann kam der Große Krieg. Kastrozza mußte seinen Sohn beklagen, der im russischen Heer fiel. Der Künstler selbst zauberte in Gefangenenlagern und Lazaretten. Die russische Revolution kam, mehrere Male wurde der "Monarchist“ Kastrozza zum Tode verurteilt. Ebensooft konnte der Verurteilte aber entfliehen, und nun endlich ist er im sicheren Hafen, im großen Deutschland, das er liebt und wo er alles das zu vergessen sucht, was ihm die letzten Jahrzehnte genommen haben. Er ist begeistert von Deutschland. Wie könnte das auch anders sein?
Der spanische Königshof und der Schah von Persien sahen ihn zaubern. Kein Wunder, daß es ihm daher finanziell glänzend ging. Mit reichen Geschenken damals überladen, wurde er der Märchenzauberer, den sich viele Kleine erträumt haben, aber nie geworden sind. Und dann kam der Große Krieg. Kastrozza mußte seinen Sohn beklagen, der im russischen Heer fiel. Der Künstler selbst zauberte in Gefangenenlagern und Lazaretten. Die russische Revolution kam, mehrere Male wurde der "Monarchist“ Kastrozza zum Tode verurteilt. Ebensooft konnte der Verurteilte aber entfliehen, und nun endlich ist er im sicheren Hafen, im großen Deutschland, das er liebt und wo er alles das zu vergessen sucht, was ihm die letzten Jahrzehnte genommen haben. Er ist begeistert von Deutschland. Wie könnte das auch anders sein?
Und nun seine Vorführungen. Zunächst bringt er die Tuchfärbung. Auf einer Art Leuchter hat er 3 elektrische Glühlampen, weiß, rot und grün. Diese benutzt er zum Durchleuchten der Tücher und der Karton-Papierrolle, – und dann bei dem Färben nimmt er scheinbar mit der Hand das rote Licht weg und wirft es nach der Papierrolle – und aus dem einen weißen Tuch wird „dadurch“ ein rotes Tuch. Es erfolgt dasselbe mit der grünen Lampe. Er "wirft“ dieses grüne Licht scheinbar in die Kartonröhre, und aus einem andersfarbigen Tuch wird "dadurch" ein grünes Tuch. Natürlich ist es die alte Tuchfärbung, aber die Kombination und nur diese gerade macht es elegant und andersartig.
Und nun seine Vorführungen. Zunächst bringt er die Tuchfärbung. Auf einer Art Leuchter hat er 3 elektrische Glühlampen, weiß, rot und grün. Diese benutzt er zum Durchleuchten der Tücher und der Karton-Papierrolle, – und dann bei dem Färben nimmt er scheinbar mit der Hand das rote Licht weg und wirft es nach der Papierrolle – und aus dem einen weißen Tuch wird „dadurch“ ein rotes Tuch. Es erfolgt dasselbe mit der grünen Lampe. Er "wirft“ dieses grüne Licht scheinbar in die Kartonröhre, und aus einem andersfarbigen Tuch wird "dadurch" ein grünes Tuch. Natürlich ist es die alte Tuchfärbung, aber die Kombination und nur diese gerade macht es elegant und andersartig.
Ein gezeichneter, vom Publikum entliehener Zwanzigmarkschein verschwindet aus der Hand des Künstlers. Dieser entnimmt seinem Frack 2 Kartoffeln, in einer derselben befindet sich dann dieser Zwanzigmarkschein.
Ein gezeichneter, vom Publikum entliehener Zwanzigmarkschein verschwindet aus der Hand des Künstlers. Dieser entnimmt seinem Frack 2 Kartoffeln, in einer derselben befindet sich dann dieser Zwanzigmarkschein.
Die Ringpost mit Uhren und Ringen wird flott und verblüffend vorgeführt. Uhren und Ringe, in einem Seidentuch verpackt, werden in einem Kasten verstaut. Dieser Uhren-Ringbeutel verschwindet daraus, während eine lebende Taube darin erscheint. Die Uhren und Ringe erscheinen dann, nach dem System der bekannten Ringpost, in einer kleinen polierten Schatulle, die sich wiederum in acht immer größeren Schatullen, sogar in verschnürtem Papier befunden hat. Die Ringpost wirkt immer wieder unterhaltend.
Die Ringpost mit Uhren und Ringen wird flott und verblüffend vorgeführt. Uhren und Ringe, in einem Seidentuch verpackt, werden in einem Kasten verstaut. Dieser Uhren-Ringbeutel verschwindet daraus, während eine lebende Taube darin erscheint. Die Uhren und Ringe erscheinen dann, nach dem System der bekannten Ringpost, in einer kleinen polierten Schatulle, die sich wiederum in acht immer größeren Schatullen, sogar in verschnürtem Papier befunden hat. Die Ringpost wirkt immer wieder unterhaltend.


Unzweifelhaft der stärkste Trick, den Prof. San Martino de Kastrozza bringt, ist seine Packkisten-Illusion. Eine große Kiste wird vorgezeigt und abgeklopft. Eine Versenkung kommt nicht in Frage, da mitten im Parkett vorgeführt. Die Partnerin des Künstlers, La S u l t a n a , steigt dann in die Kiste, die mit Schlössern verschlossen und mit einem Strick kreuzweise verknüpft wird. Ein großer Paravent wird herumgestellt. Kastrozza steigt auf die Kiste, hält dann eine Art Vorhang vor seinen Körper, so daß man nur noch seinen Kopf sieht. In außerordentlich verblüffender Schnelligkeit erscheint dann Sultana hinter dem Vorhang und steht auf der Kiste, während der Künstler selbst sich darin eingeschlossen befindet. Der Austausch war außerordentlich geschickt und so raffiniert schnell, daß man selbst als Fachmann nur den Kopf schütteln kann, wie schnell es diesem körperlich großen Künstler möglich war, in die Kiste zu schlüpfen. Es war dies ein außerordentlich starker Schlußtrick, der nicht nur das Publikum sondern auch die Fachleute restlos begeisterte.
Unzweifelhaft der stärkste Trick, den Prof. San Martino de Kastrozza bringt, ist seine Packkisten-Illusion. Eine große Kiste wird vorgezeigt und abgeklopft. Eine Versenkung kommt nicht in Frage, da mitten im Parkett vorgeführt. Die Partnerin des Künstlers, ''La Sultana'' , steigt dann in die Kiste, die mit Schlössern verschlossen und mit einem Strick kreuzweise verknüpft wird. Ein großer Paravent wird herumgestellt. Kastrozza steigt auf die Kiste, hält dann eine Art Vorhang vor seinen Körper, so daß man nur noch seinen Kopf sieht. In außerordentlich verblüffender Schnelligkeit erscheint dann Sultana hinter dem Vorhang und steht auf der Kiste, während der Künstler selbst sich darin eingeschlossen befindet. Der Austausch war außerordentlich geschickt und so raffiniert schnell, daß man selbst als Fachmann nur den Kopf schütteln kann, wie schnell es diesem körperlich großen Künstler möglich war, in die Kiste zu schlüpfen. Es war dies ein außerordentlich starker Schlußtrick, der nicht nur das Publikum sondern auch die Fachleute restlos begeisterte.


La Sultana betätigte sich vor der Ringpost selbst aktiv als Zauberkünstlern! Sie brachte die Papierfaltekunst wieder zu Ehren und wirkte mit ihrem schweren, östlichen Akzent und ihrer fabelhaften äußeren Erscheinung wie ein Gemälde der alten, guten Zauberkunst. Die Papierfaltekunst als Zauberspielerei betrachtet, war für sie wie geschaffen. Zuckerschaufel, Epauletten, Strohhut, Walze, Becher, Mütze, Barett, Lampenschirm, Vase usw. wurden, ohne langatmig zu werden, aus einem entsprechend gefalteten Papierbogen ummodelliert. Zauberisch nur eine Spielerei, aber von einer eleganten, schönen Frau gebracht, ein Gedicht aus dem goldenen Buche der Magie!
La Sultana betätigte sich vor der Ringpost selbst aktiv als Zauberkünstlern! Sie brachte die Papierfaltekunst wieder zu Ehren und wirkte mit ihrem schweren, östlichen Akzent und ihrer fabelhaften äußeren Erscheinung wie ein Gemälde der alten, guten Zauberkunst. Die Papierfaltekunst als Zauberspielerei betrachtet, war für sie wie geschaffen. Zuckerschaufel, Epauletten, Strohhut, Walze, Becher, Mütze, Barett, Lampenschirm, Vase usw. wurden, ohne langatmig zu werden, aus einem entsprechend gefalteten Papierbogen ummodelliert. Zauberisch nur eine Spielerei, aber von einer eleganten, schönen Frau gebracht, ein Gedicht aus dem goldenen Buche der Magie!
Wenn man beide Künstler dann zusammen betrachtet, so darf man behaupten, daß Prof. San Martino de Kstrozza und La Sultana zusammen einen Zauberakt darstellen, der schon rein äußerlich alles andere als durchschnittlich ist. Er, der lange, hagere, weißhaarige Hofmagier, sie, die junge, interessante und schöne Bühnenerscheinung – erinnern an Zeiten, wo die Zauberkunst noch hoffähige Kunst war, wo sie noch nicht zu Jahrmarktsklamauk degradiert wurde. Ich bin überzeugt, wenn Künstler dieser Art wie San Martino de Kastrozza und seine Partnerin unsere schöne Magie wieder zu Ehren bringen, daß dann auch verwöhnte Zuschauer, Feinschmecker unter den Kabarettbesuchern wieder unsere Kunst voll zu würdigen wissen.
Wenn man beide Künstler dann zusammen betrachtet, so darf man behaupten, daß Prof. San Martino de Kstrozza und La Sultana zusammen einen Zauberakt darstellen, der schon rein äußerlich alles andere als durchschnittlich ist. Er, der lange, hagere, weißhaarige Hofmagier, sie, die junge, interessante und schöne Bühnenerscheinung – erinnern an Zeiten, wo die Zauberkunst noch hoffähige Kunst war, wo sie noch nicht zu Jahrmarktsklamauk degradiert wurde. Ich bin überzeugt, wenn Künstler dieser Art wie San Martino de Kastrozza und seine Partnerin unsere schöne Magie wieder zu Ehren bringen, daß dann auch verwöhnte Zuschauer, Feinschmecker unter den Kabarettbesuchern wieder unsere Kunst voll zu würdigen wissen.


== Herusragende Auftritte ==
Siehe auch die [[Hellmuth Teumer Künstler-Liste]]
 
== Herausragende Auftritte ==
* Vor dem deutschen Kaiser, auf dessen Zarenjacht vor Reval
* Vor dem deutschen Kaiser, auf dessen Zarenjacht vor Reval
* Vor dem König von Spanien in Madric
* Vor dem König von Spanien in Madrid
* Vor dem Schah von Persion
* Vor dem Schah von Persien


== Quellen ==
== Quellen ==
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* Helmuth Teumer: Prof. San Martino de Kastrozza, in: [[Magie]], 22. JG, Heft 5, Mai 1939, S. 184 ff.
* Helmuth Teumer: Prof. San Martino de Kastrozza, in: [[Magie]], 22. JG, Heft 5, Mai 1939, S. 184 ff.
* Berliner illustrierte Nachtausgabe, Mittwoch, 14. April 1943
* Berliner illustrierte Nachtausgabe, Mittwoch, 14. April 1943
 
* [[ABC der Taschenspieler-Kunst]], Band 7, Winter 2021


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[[Kategorie:Zauberkünstler (Russe)]]
[[Kategorie:Zauberkünstler (Russe)]]
[[Kategorie:Biografien]]
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[[Kategorie:Lesenswert]]
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