John Dee (Gelehrter): Unterschied zwischen den Versionen

Zeile 44: Zeile 44:
Wie seine Büchersammlung belegt (deren Katalog bekannt ist), hatte Dee mehr als ein beiläufiges Interesse an Engeln. Er beschäftigte sich sehr mit Angelologie und insbesondere mit der Kommunikation mit Engeln; so sammelte er alle schriftlich überlieferten Gespräche zwischen Mensch und Engel. Er studierte die Gemeinsamkeiten der Engels-Gespräche mit verschiedenen Texten, unter anderem von Ficino, Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim|Agrippa von Nettesheim und Johannes Trithemius sowie den weitverbreiteten biblischen Apokryphen und der Pseudepigraphie. Dee war vertraut mit einem der größten Mathematiker seiner Zeit, Gerolamo Cardano, der des öfteren von seinem Schutzengel sprach. Agrippa ermutigte seine Leser „eine Stimme von oben, eine Stimme die von oben lehrt“ zu suchen. Agrippas Lehrer, Johannes Trithemius, diskutierte in ''De septem secundeis'' eine Fernkommunikation basierend auf den sieben klassischen Planeten und deren Engeln „gemäß der Tradition der Weisen des Altertums“. Dee besaß zudem mindestens 16 Werke von Robert Grosseteste, mit dem er ein synergistisches Interesse an Engeln, aber auch der Optik, Mathematik und Astronomie teilte. Alle diese Mathematiker, Kryptographen und Philosophen, die nach eigenen Angaben Offenbarungen durch Engel hatten, kamen darin überein, dass göttliche Boten, Begleiter bei Offenbarungsreisen und Engel der Apokalypse, gängige und vertrauenswürdige Informationsquellen der Erzväter|Patriarchen des Altertums waren.
Wie seine Büchersammlung belegt (deren Katalog bekannt ist), hatte Dee mehr als ein beiläufiges Interesse an Engeln. Er beschäftigte sich sehr mit Angelologie und insbesondere mit der Kommunikation mit Engeln; so sammelte er alle schriftlich überlieferten Gespräche zwischen Mensch und Engel. Er studierte die Gemeinsamkeiten der Engels-Gespräche mit verschiedenen Texten, unter anderem von Ficino, Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim|Agrippa von Nettesheim und Johannes Trithemius sowie den weitverbreiteten biblischen Apokryphen und der Pseudepigraphie. Dee war vertraut mit einem der größten Mathematiker seiner Zeit, Gerolamo Cardano, der des öfteren von seinem Schutzengel sprach. Agrippa ermutigte seine Leser „eine Stimme von oben, eine Stimme die von oben lehrt“ zu suchen. Agrippas Lehrer, Johannes Trithemius, diskutierte in ''De septem secundeis'' eine Fernkommunikation basierend auf den sieben klassischen Planeten und deren Engeln „gemäß der Tradition der Weisen des Altertums“. Dee besaß zudem mindestens 16 Werke von Robert Grosseteste, mit dem er ein synergistisches Interesse an Engeln, aber auch der Optik, Mathematik und Astronomie teilte. Alle diese Mathematiker, Kryptographen und Philosophen, die nach eigenen Angaben Offenbarungen durch Engel hatten, kamen darin überein, dass göttliche Boten, Begleiter bei Offenbarungsreisen und Engel der Apokalypse, gängige und vertrauenswürdige Informationsquellen der Erzväter|Patriarchen des Altertums waren.


Seine eigenen ersten Versuche in dieser Richtung stellten ihn nicht zufrieden, aber 1582 traf er auf das Medium Edward Kelley, ein Mann von zweifelhafter Vergangenheit und zweifelhaftem Charakter, der ihn aber mit seinen angeblichen Fähigkeiten in hohem Maße beeindruckte. Dee nahm Kelley in seine Dienste und begann sich ganz den übersinnlichen Zielen zu widmen. Diese „Engelsgespräche“ oder „spirituellen Konferenzen“ waren durchdrungen von intensiver christlicher Frömmigkeit und fortwährenden Perioden der Katharsis (Psychologie)|Läuterung, des Gebets und Fastens. Dee war völlig davon überzeugt, dass sie mit den Ergebnissen der Menschheit helfen könnten. <!-- belegen (Kelleys Persönlichkeit hingegen ist schwerer einzuschätzen: manche haben gefolgert, er habe aus komplettem Zynismus gehandelt, auch Trug und Selbsttäuschung stehen nicht gänzlich außer Frage. Andererseits ist Kelleys „Produktivität“ in Umfang, Komplexität und Klarheit außergewöhnlich bemerkenswert.)--> Dee sollen auf diese Weise mehrere Bücher von den Engeln diktiert worden sein, die ihm angeblich die henochische Sprache offenbarten und ein neues Magie#Geschichte der Magie|magisches System eröffneten. Über die Seancen mit Kelley und die folgenden Reisen mit ihm führte er ein Tagebuch, das erhalten ist. Die protokollierten Gespräche während der Seancen veröffentlichte Meric Casaubon 1659.
Seine eigenen ersten Versuche in dieser Richtung stellten ihn nicht zufrieden, aber 1582 traf er auf das Medium Edward Kelley, ein Mann von zweifelhafter Vergangenheit und zweifelhaftem Charakter, der ihn aber mit seinen angeblichen Fähigkeiten in hohem Maße beeindruckte. Dee nahm Kelley in seine Dienste und begann sich ganz den übersinnlichen Zielen zu widmen. Diese „Engelsgespräche“ oder „spirituellen Konferenzen“ waren durchdrungen von intensiver christlicher Frömmigkeit und fortwährenden Perioden der Katharsis (Psychologie)|Läuterung, des Gebets und Fastens. Dee war völlig davon überzeugt, dass sie mit den Ergebnissen der Menschheit helfen könnten. <!-- belegen (Kelleys Persönlichkeit hingegen ist schwerer einzuschätzen: manche haben gefolgert, er habe aus komplettem Zynismus gehandelt, auch Trug und Selbsttäuschung stehen nicht gänzlich außer Frage. Andererseits ist Kelleys „Produktivität“ in Umfang, Komplexität und Klarheit außergewöhnlich bemerkenswert.)--> Dee sollen auf diese Weise mehrere Bücher von den Engeln diktiert worden sein, die ihm angeblich die henochische Sprache offenbarten und ein neues Magie#Geschichte der Magie|magisches System eröffneten. Über die Seancen mit Kelley und die folgenden Reisen mit ihm führte er ein Tagebuch, das erhalten ist. Die protokollierten Gespräche während der Seancen veröffentlichte [[Meric Casaubon]] 1659.


1583 traf Dee auf den Polen|polnischen Edelmann Albrecht Laski (1536-1605), der die Engländer einlud, ihn auf seiner Rückreise nach Polen zu begleiten. Nach einigen Rückfragen bei den Engeln über Kelley war Dee bereit, sich auf den Weg zu machen. Dee, Kelley und ihre Familien verließen England im September 1583, zunächst über die Niederlande und Lübeck nach Stettin zum Landgut von Laski und darauf nach Krakau. Laskis Mittel waren allerdings erschöpft und er schlug vor, dass Dee und Kelley sich zu Rudolf II. (HRR)|Kaiser Rudolf II.<ref>Ausführlich Joachim Telle: [http://books.google.de/books?id=uzce9GuHci8C&pg=PA259 ''John Dee in Prag. Spuren eines elisabethanischen Magus in der deutschen Literatur.''] In: Peter-André Alt, Volkhard Wels (Hrsg.): ''Konzepte des Hermetismus in der Literatur der Frühen Neuzeit.'' (= ''Berliner Mittelalter- und Frühneuzeitforschung.'' Bd. 8). V&R unipress, Göttingen 2010, ISBN 978-3-89971-635-1, S. 259–296</ref> begeben, wo Dee, der einen europäischen Ruf genoss, auch günstig aufgenommen wurde. Kelley gegenüber war der Kaiser dagegen misstrauisch. Nach mehreren Monaten in Prag, wo sie immer noch auf Kosten Laskis lebten, mussten sie die Stadt auf Beschwerde der päpstlichen Gesandten Malaspina und Sega, die sie als Ketzer und Hexer der Inquisition überantworten wollten, hin verlassen. Sie gingen nach Erfurt und Kassel, wo sie aber keine gute Aufnahme fanden, dann wieder nach Krakau, wo sie von Stephan Báthory|König Stephan von Polen anfangs gut aufgenommen wurden und ihm gute Chancen für die Nachfolge von Rudolph II. als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches vorhersagten. Aufgrund immer neuer Geldforderungen wurde er ihrer aber bald überdrüssig und sie gingen wieder nach Böhmen, wo sie in Wilhelm von Rosenberg auf dessen Schloss Třeboň in Třeboň|Wittingau einen neuen Förderer fanden.
1583 traf Dee auf den Polen|polnischen Edelmann Albrecht Laski (1536-1605), der die Engländer einlud, ihn auf seiner Rückreise nach Polen zu begleiten. Nach einigen Rückfragen bei den Engeln über Kelley war Dee bereit, sich auf den Weg zu machen. Dee, Kelley und ihre Familien verließen England im September 1583, zunächst über die Niederlande und Lübeck nach Stettin zum Landgut von Laski und darauf nach Krakau. Laskis Mittel waren allerdings erschöpft und er schlug vor, dass Dee und Kelley sich zu Rudolf II. (HRR)|Kaiser Rudolf II.<ref>Ausführlich Joachim Telle: [http://books.google.de/books?id=uzce9GuHci8C&pg=PA259 ''John Dee in Prag. Spuren eines elisabethanischen Magus in der deutschen Literatur.''] In: Peter-André Alt, Volkhard Wels (Hrsg.): ''Konzepte des Hermetismus in der Literatur der Frühen Neuzeit.'' (= ''Berliner Mittelalter- und Frühneuzeitforschung.'' Bd. 8). V&R unipress, Göttingen 2010, ISBN 978-3-89971-635-1, S. 259–296</ref> begeben, wo Dee, der einen europäischen Ruf genoss, auch günstig aufgenommen wurde. Kelley gegenüber war der Kaiser dagegen misstrauisch. Nach mehreren Monaten in Prag, wo sie immer noch auf Kosten Laskis lebten, mussten sie die Stadt auf Beschwerde der päpstlichen Gesandten Malaspina und Sega, die sie als Ketzer und Hexer der Inquisition überantworten wollten, hin verlassen. Sie gingen nach Erfurt und Kassel, wo sie aber keine gute Aufnahme fanden, dann wieder nach Krakau, wo sie von Stephan Báthory|König Stephan von Polen anfangs gut aufgenommen wurden und ihm gute Chancen für die Nachfolge von Rudolph II. als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches vorhersagten. Aufgrund immer neuer Geldforderungen wurde er ihrer aber bald überdrüssig und sie gingen wieder nach Böhmen, wo sie in Wilhelm von Rosenberg auf dessen Schloss Třeboň in Třeboň|Wittingau einen neuen Förderer fanden.
28.168

Bearbeitungen