Hieronymus Scottus: Unterschied zwischen den Versionen

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Scottus war ein Abenteurer, der als Zauberer, Alchemist und wohl auch in fragwürdigen, geheimen diplomatischen Missionen die Höfe Europas, aber auch die reichen Handelsstädte bereiste, wodurch er zu einem der berühmt-berüchtigtsten Männer seiner Zeit wurde.
Scottus war ein Abenteurer, der als Zauberer, Alchemist und wohl auch in fragwürdigen, geheimen diplomatischen Missionen die Höfe Europas, aber auch die reichen Handelsstädte bereiste, wodurch er zu einem der berühmt-berüchtigtsten Männer seiner Zeit wurde.


Seine zum Teil überlieferten spektakulären magischen Vorführungen, die man als übernatürlich ansah, waren überall die Sensation. So soll Scottus in Frankfurt am Main einmal einen „Auszug“, eventuell wie von Faust überliefert auf einem Fass, vorgeführt haben. Ein anderes Mal ließ er Adam und Eva „erscheinen“. Auch vermochte er ohne jegliche Vorbereitung „magische Gastmahle“ anzurichten, nach denen freilich alle, so wie zuvor, einen leeren Magen hatten. Wie viele der Kunststücke von Scottus kann das nur mittels Hypnose aller Anwesenden erfolgt sein. Aber er zauberte auch Goldmünzen aus Brot hervor, las Gedanken ([[Mentalzauberkunst]]) und führte insbesondere Kartenkunststücke vor, was er offenbar am liebsten tat und wofür er besonders berühmt war. Bei Bedarf betätigte sich Scottus jedoch ebenfalls als Alchemist und stand im Ruf den Stein der Weisen herstellen zu können, also die Kunst der Goldherstellung zu beherrschen.
Seine zum Teil überlieferten spektakulären magischen Vorführungen, die man als übernatürlich ansah, waren überall die Sensation. So soll Scottus in Frankfurt am Main einmal einen „Auszug“, eventuell wie von Faust überliefert auf einem Fass, vorgeführt haben. Ein anderes Mal ließ er Adam und Eva „erscheinen“. Auch vermochte er ohne jegliche Vorbereitung „magische Gastmahle“ anzurichten, nach denen freilich alle, so wie zuvor, einen leeren Magen hatten. Er zauberte auch Goldmünzen aus Brot hervor, las Gedanken ([[Mentalzauberkunst]]) und führte insbesondere Kartenkunststücke vor, was er offenbar am liebsten tat und wofür er besonders berühmt war. Bei Bedarf betätigte sich Scottus jedoch ebenfalls als Alchemist und stand im Ruf den Stein der Weisen herstellen zu können, also die Kunst der Goldherstellung zu beherrschen.


== Leben ==
== Leben ==
Scottus war vermutlich ein Mitglied der alten, wenn auch nicht allzu bekannten und verbreiteten gräflichen Familie Scotto aus Piacenza (Herzogtum Parma]).
Scottus war vermutlich ein Mitglied der alten, wenn auch nicht allzu bekannten und verbreiteten gräflichen Familie Scotto aus Piacenza (Herzogtum Parma).


Er führte, bedingt durch seine Tätigkeit insbesondere auf  dem betrügerischen alchemistischen Sektors, ein sehr unstetes und bislang nur bruchstückhaft nachvollziehbares Leben.
Er führte, bedingt durch seine Tätigkeit insbesondere auf  dem betrügerischen alchemistischen Sektors, ein sehr unstetes und bislang nur bruchstückhaft nachvollziehbares Leben.
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1590 erschien Scottus am Hof des Markgrafen in Ansbach. Der war so von seinen Künsten begeistert, dass er diesem die Ehre gab, mit ihm zusammen „in Rot“, das heißt auf goldenem Geschirr zu speisen.
1590 erschien Scottus am Hof des Markgrafen in Ansbach. Der war so von seinen Künsten begeistert, dass er diesem die Ehre gab, mit ihm zusammen „in Rot“, das heißt auf goldenem Geschirr zu speisen.


Beide Herren reisten offenbar sodann im August in die kaiserliche Residenzstadt Prag. Scottus erschien in einer allgemeines Aufsehen erregenden Form, nicht nur von 20 vortrefflich bewaffneten Reitern begleitet und mit drei Kutschen, sondern die, in der er saß, glänzte symbolträchtig golden.<ref>[http://fuggerzeitung.univie.ac.at/zeitungen/cod-8963-548r-548v fuggerzeitung.univie.ac.at]</ref>  Als Graf und berühmter Mann wurde Scottus natürlich an den Hof des an Alchemie sehr interessierten Rudolf II. eingeladen. Dabei soll er ihm in einem magischen Spiegel gezeigt haben, dass der König von Spanien angeblich gerade damit beschäftigt sei an den Kaiser einen Brief zu schreiben. Solch ein Trick ist selbstverständlich nur mittels Hypnose möglich. Angeblich honorierte der sehr irritierte Rudolph II. die Vorführung großzügig mit 1000 Talern. Warum auch immer schenkte er einmal dem Diener von Scotto vier und dem des mit anwesenden Markgrafen von Ansbach sechs Pferde. Auch ordnete der Kaiser im September an, dass die Ungarische Kammer an Scottus 31105 Florin, eine beträchtliche Summe, welche der kaiserliche Hof mehreren italienischen Adligen schuldete, an Scottus auszuzahlen habe. Da die Hintergründe dafür unbekannt sind, lässt sich nur vermuten, dass er dafür die Schuldscheine in seinen Besitz gebracht hatte. Nicht ganz eindeutig ist, ob Scottus nach mehreren Anweisungen der Hofkanzlei endlich im Dezember die Summe erhielt.<ref>[http://documenta.rudolphina.org/Regesten/A1590-09-11-0093.xml documenta.rudolphina.org]</ref>
Beide Herren reisten offenbar sodann im August in die kaiserliche Residenzstadt Prag. Scottus erschien in einer allgemeines Aufsehen erregenden Form, nicht nur von 20 vortrefflich bewaffneten Reitern begleitet und mit drei Kutschen, sondern die, in der er saß, glänzte symbolträchtig golden.<ref>[http://fuggerzeitung.univie.ac.at/zeitungen/cod-8963-548r-548v fuggerzeitung.univie.ac.at]</ref>  Als Graf und berühmter Mann wurde Scottus natürlich an den Hof des an Alchemie sehr interessierten Rudolf II. eingeladen. Dabei soll er ihm in einem magischen Spiegel gezeigt haben, dass der König von Spanien angeblich gerade damit beschäftigt sei an den Kaiser einen Brief zu schreiben. Angeblich honorierte der sehr irritierte Rudolph II. die Vorführung großzügig mit 1000 Talern. Warum auch immer schenkte er einmal dem Diener von Scotto vier und dem des mit anwesenden Markgrafen von Ansbach sechs Pferde. Auch ordnete der Kaiser im September an, dass die Ungarische Kammer an Scottus 31105 Florin, eine beträchtliche Summe, welche der kaiserliche Hof mehreren italienischen Adligen schuldete, an Scottus auszuzahlen habe. Da die Hintergründe dafür unbekannt sind, lässt sich nur vermuten, dass er dafür die Schuldscheine in seinen Besitz gebracht hatte. Nicht ganz eindeutig ist, ob Scottus nach mehreren Anweisungen der Hofkanzlei endlich im Dezember die Summe erhielt.<ref>[http://documenta.rudolphina.org/Regesten/A1590-09-11-0093.xml documenta.rudolphina.org]</ref>


Gegen Ende des Jahres 1592 lud Herzog Johann Casimir von Sachsen-Coburg, der Scottus wohl am bischöflichen Hof in Bamberg kennengelernt hatte, diesen zu sich ein. In Coburg verführte Scottus unter merkwürdigem Gebaren, sicher Hypnose, die Gemahlin des Herzogs, Anna von Sachsen (1567–1613). Später arrangierte er, ebenfalls unter eigenartigen Umständen, zwischen ihr und dem Höfling Ulrich von Lichtenstein ein Verhältnis. Vor dessen Aufdeckung verließ Scottus im September 1593 mit einem Teil des Schmuckes von Anna (im Wert von 10 000 Gulden!) das Land. Für die Herzogin und Lichtenstein hatte die Affäre furchtbare Folgen.<ref>[http://www.bayern-lese.de/index.php?article_id=525 bayern-lese.de]</ref>
Gegen Ende des Jahres 1592 lud Herzog Johann Casimir von Sachsen-Coburg, der Scottus wohl am bischöflichen Hof in Bamberg kennengelernt hatte, diesen zu sich ein. In Coburg verführte Scottus unter merkwürdigem Gebaren die Gemahlin des Herzogs, Anna von Sachsen (1567–1613). Später arrangierte er, ebenfalls unter eigenartigen Umständen, zwischen ihr und dem Höfling Ulrich von Lichtenstein ein Verhältnis. Vor dessen Aufdeckung verließ Scottus im September 1593 mit einem Teil des Schmuckes von Anna (im Wert von 10 000 Gulden!) das Land. Für die Herzogin und Lichtenstein hatte die Affäre furchtbare Folgen.<ref>[http://www.bayern-lese.de/index.php?article_id=525 bayern-lese.de]</ref>


Obwohl Scottus in der Folge im Heiligen Römischen Reich mit kaiserlichem Dekret gesucht wurde, hielt er sich nicht nur zeitweise in Polen, sondern offenbar auch länger in Norddeutschland auf, wo der Hamburger Senat eine Auslieferung verschleppte und ihn dadurch entkommen ließ. Da ihm wohl der Aufenthalt im Reich zu gefährlich wurde, begab er sich in andere Länder. Letztlich lässt er sich bislang für 1602 am Hof in England nachweisen, wo er für Königin Elisabeth Kartenkunststücke vorführte.<ref>[http://www.geniimagazine.com/magicpedia/Girolamo_Scoto geniimagazine.com]</ref>
Obwohl Scottus in der Folge im Heiligen Römischen Reich mit kaiserlichem Dekret gesucht wurde, hielt er sich nicht nur zeitweise in Polen, sondern offenbar auch länger in Norddeutschland auf, wo der Hamburger Senat eine Auslieferung verschleppte und ihn dadurch entkommen ließ. Da ihm wohl der Aufenthalt im Reich zu gefährlich wurde, begab er sich in andere Länder. Letztlich lässt er sich bislang für 1602 am Hof in England nachweisen, wo er für Königin Elisabeth Kartenkunststücke vorführte.<ref>[http://www.geniimagazine.com/magicpedia/Girolamo_Scoto geniimagazine.com]</ref>
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