Dr. Lynn
Dr. Lynn (* 17. Oktober 1831 als Hugh Washington Simmons, vermutlich in England oder Australien; † 1899) war ein international auftretender Zauberkünstler, der zahlreiche Länder bereiste, darunter Japan, Europa und die Vereinigten Staaten. In Zauberkreisen wurde er für seine eindrucksvollen Illusionen bekannt und gilt als einer der ersten westlichen Zauberer, die das japanische Schmetterlingstrick-Kunststück präsentierten.
Leben
Hugh Washington Simmons verließ 1861 die britische Marine, um in Australien eine Karriere als Zauberkünstler zu beginnen. Zunächst trat er unter den Namen Washington Simmons und Washington Blythe auf. Später nannte er sich Professor Simmons, the Great Basilicothaumaturgist, und reiste mit seiner Zauberschau durch Asien, Europa und die Vereinigten Staaten.
Im Dezember 1863 erreichte er San Francisco nach einem Aufenthalt in Japan. Dort lernte er den Humoristen Artemus Ward und dessen Begleiter E. P. Hingston kennen. Hingston schildert in seinem Buch The Genial Showman ein Erlebnis mit einem namenlosen Zauberer – bei diesem handelt es sich wahrscheinlich um Dr. Lynn.
In Travels and Adventures of Dr. Lynn wird ein Scherz beschrieben, den Lynn mit Hingstons Hilfe 1864 während eines Besuchs in Salt Lake City dem Mormonenführer Brigham Young spielte. Simmons behauptete, Young trüge seine (Simmons’) Schuhe, was dieser bestritt. Simmons bat ihn, die Schuhe auszuziehen, und auf den Sohlen stand in roter Schrift sein Name: „SIMMONS“. Das war das Werk Hingstons, der Youngs Schuhsohlen am Vorabend mit roter Tinte präpariert hatte. Young war so beeindruckt, dass er Simmons hohe Ämter und die Hand seiner Töchter anbot, was dieser jedoch ablehnte.
Dr. Lynn behauptete, den japanischen Schmetterlingstrick 1863 in Japan gesehen und 1864 erstmals im Westen aufgeführt zu haben. In den 1870er-Jahren entwickelte er die „Lebenden Marionetten“, ein Schwarzkunst-Effekt mit Puppen. Eine weitere spektakuläre Illusion war seine Enthauptungsnummer mit dem Titel Palingenesia (1874), bei der scheinbar Körperteile wie Kopf, Arm oder Bein abgetrennt wurden.
Weitere Kunststücke aus seinem Repertoire waren eine Levitation, der Blumentrick, das Körberätsel, Fesseltricks, spiritistische Erscheinungen sowie eine eigene Version der Maskelyne-Kiste.
Dr. Lynn trat bis zu seinem Ruhestand im April 1895 regelmäßig auf. Danach geriet er in finanzielle Not, sodass 1896 Wohltätigkeitsvorstellungen zu seinen Gunsten veranstaltet wurden. Sein markanter Spruch „That’s how it’s done“ wurde im England des 19. Jahrhunderts zu einem geflügelten Wort. Tod und Nachwirkung
Dr. Lynns Sohn Walter Lynn, ebenfalls Bühnenkünstler, meldete dessen Tod 1899 in der Zeitschrift Mahatma (Bd. 3). Walter war in einen Rechtsstreit mit John Nevil Maskelyne um die Kistenillusion verwickelt und ging aus diesem als Sieger hervor. Ein weiterer Sohn, J. Wellesley Lynn, trat als Zauberkünstler und Bauchredner auf. Er spezialisierte sich zunächst auf das Repertoire seines Vaters, bevor er sich insbesondere auf Kartenkunststücke konzentrierte.
Mehrere Biografien von Harry Houdini behaupten, dieser sei als Kind durch einen Auftritt Dr. Lynns zur Zauberkunst inspiriert worden. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass es sich um einen Imitator gehandelt hat. Später erwarb Houdini Requisiten von Lynns Sohn J. Wellesley Lynn.
Dr. Lynn wurde 68 Jahre alt.
Veröffentlichungen
- The Adventures of the Strange Man, with a Supplement showing "How It's Done" (1873)
Quellen
- Milbourne Christopher: The Illustrated History of Magic (1973)
- Geoffrey Lamb: Victorian Magic (1976)
- Magicol Nr. 74 (Februar 1985), S. 14.
- E. P. Hingston: The Genial Showman – Reminiscences of the Life of Artemus Ward, London 1871.
- Who Inspired Houdini? – Dean Carnegie Blog (2010)
- Dr. Lynn fools Houdini (2014)