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Xavier Mortimer

Aus Zauber-Pedia
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Xavier Mortimer; Foto: Wittus Witt

Xavier Mortimer ( * 1981) ist ein französischer Zauberkünstler. Das Besondere an seinen Darbietungen liegt darin, dass er – auch in seinem 2-Stunden-Programm – kein Wort spricht.

Leben

Er hat Musik und Tanz in Paris (La Rochelle) und London (Jones Acting School) studiert. Mit 15 Jahren kreierte eine Darbietung aus Zauberei, Comerdy und Pantomime.

Über Mortimer

Markus Zink in Magische Welt, Heft 5/2013

Zwischen Rotwein und Coca-Cola

Frankreich ist Vielfalt. Während hierzulande die Zauberkünstler zwischen Comedy-Markt, Copperfield-Nachfolge und Cover-Zauberei herumirren und auf ihren Plakaten mit „garantiert witzig“ oder die „Showsensation“ werben müssen, gibt es in Frankreich den Poeten, den Illusionisten, den Zauberkünstler. Frankreich atmet irgendwie anders Kunst und Leben. Selbst Zinedine Zidane war irgendwie Künstler und sein zugegebenermaßen fauler Kopfstoß ein Kunstwerk für die Ewigkeit. Frankreich scheint auch künstlerisches Asyl zu sein – hier fühlt sich der österreichische Hasenkiller Wessely geborgen, hier wurde der belgische Geschichtenerzähler Brel heimisch und der italienische Umzugskünstler Braccetti oder die deutsche Sangesmaus Lemper erfolgreich. Frankreich gibt Asyl, wenn man denn französisch spricht. Wie ist es zu erklären, dass dieses Land, neben Dani Lary, Gaetan Bloom, James Hodges, Typen wie Yann Frisch oder Mikael Sanyel gebären kann. Es kann doch nicht alles am Vortänzer Patrick Sebastian liegen?

Während deutsche Zauberpräsidenten im Wesentlichen Grußworte von Siegfried & Roy und Ehrungen verlesen, sprach der französische Zauberpräsident in seiner Begrüßungsrede auf dem Kongress in Vannes von Freiheit, Brüderlichkeit, Gleichheit und forderte Solidarität. Ein Manifest. Frankreich ist Vielfalt. Und Frankreich pflegt Kunst, hier vor allem die französische. Und was nicht französisch ist, wird französisch gemacht. Selbst Romy Schneider wurde ein französischer Star.

Frankreich hat Xavier. Sein Abendprogramm, sein Schattenorchester sind unglaublich. Magie! Gut, in Deutschland würden die Zauberer „zu wenig Tricks“ reklamieren. Xavier macht Tricks, ohne Ende. Man merkt es nur nicht. Denn sie kommen durch die Hintertür, passieren einfach, sie geschehen – in seiner wunderbaren Welt. Wenn er den Besen tanzen lässt oder Klarinette spielend durch die Luft fliegt, sind das Illusionen, die einfach passieren. Xavier kreiert Illusionen, eben nicht nur tricktechnisch, sondern auch durch Schattentheater oder wortloses Spiel. Xavier zaubert wunderbar. Dass er noch 5 Instrumente spielt, seine Musik selbst komponiert, den Diabolo beherrscht, mit 5 Bällen jongliert, tanzen kann, ein wunderbarer Mime ist und noch verdammt gut bei den Frauen ankommt, muss man als Kollege erst einmal verkraften.

Xavier und ich hatten wunderbare Abende bei Rotwein und viel französischem Essen. Zusammen gebracht hat uns mein französischer Freund Serge Arrialh, der Xavier eine Art linke Hand ist, ihm beim Bau der Requisiten hilft, auch mal backstage die Xavier'schen Fernbedienungen betätigt und ihn seit frühestem Zauberdasein begleitet. Mit Xavier über unsere Arbeit zu philosophieren, zu diskutieren, zu brainstormen, ist wie ein französischer Rotwein, ein Rausch. Xavier ist im französischen Sinne ein ARTist, immer unterwegs, immer etwas in der Werkstatt, immer kreativ. Seine Interpretationen der dritten Hand, sein lebendiger Spiegel, seine magische Garcon-Szene sind künstlerische Schwergewichte voller Zauber, aber auch voller Originalität. Dass das alles technisch perfekt ist, merkt man bei der Leichtigkeit seines Spieles nicht. Schauen Sie sich bei YouTube Xaviers Arbeit an, Sie werden aus dem Staunen nicht herauskommen. Als ich für den Krystallpalast Leipzig die Künstler zusammenstellte, war Xavier mein Favorit. Ein Telefonat reichte und Xavier unterschrieb den Vertrag mit der Frage nach der Schönheit deutscher Frauen. 6 Wochen vor der Premiere zog sich Xavier aus dem Vertrag zurück. Ein Angebot des Cirque du Soleil, – 2 Jahre Las Vegas. Auch diesen Vertragsbruch meisterte er französisch-charmant. Man kann ihm nicht böse sein. Gut, ich wünschte ihm, dass er Paris, den Wein, die Frauen, die französische Lebensart vermissen solle. Cola statt Rotwein. Ich erinnere mich an unser letztes Telefonat, zwei Wochen vor Leipzig. Er saß mit einer Muse weintrinkend an der Seine und philosophierte über seine Zukunft in Vegas. Er sprach sich Mut zu. Beim Cirque ist er einer von vielen. In Frankreich wurde er mit seinem Abendprogramm geliebt. Über den großen Erfolg beim Festival in Avignon zum französischen Supertalent zurück auf die Theaterbühne. Cirque du Soleil ist mächtig und irgendwie träumt scheinbar jeder Künstler davon, in der Cirque-Schminke in einem Gesamtkunstwerk mitzutanzen. Für mich war Xavier viel weiter. Er hätte seinen eigenen Abend in Las Vegas haben sollen, der poetische Mortimer-Kosmos, der der Glitzermetropole das Spiel ansagt. Eine schlichte Klarinette, statt Cirque-Orchester; ein einfacher Schatten, statt Hightech-Light-Show, ein Publikum, das Xavier als Mensch erfährt und nicht als Soleil-Marionette. Ich hoffe, dass Xavier zurückkehrt. Seine Arbeit ist zu großartig, als dass sie im Business verloren gehen dürfte. Xavier war auf dem MAGIC live Kongress einer der Highlights. Klar! Xavier bleibt ein großartiger Künstler, ein wunderbarer Illusionist, ein begnadeter Zauberer. Und wenn ich ihn wiedersehe und ich spüre, dass er mehr Cola als Rotwein atmet, mehr Las Vegas als Paris durch seine Adern fließt, bekommt er einen Zidane'schen Kopfstoß, weil ich ihn liebe.

Quellen