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Wasser aus Indien

Aus Zauber-Pedia
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Kalanag mit seiner Version Wasser aus Indien
Das Konstruktionsprinzip
Eine seltene Form des Wasserbehälters
Ein einfache Form der Vase
Antike Vase aus Ton

Wasser aus Indien ist die Bezeichnung für ein Zauberkunststück, bei dem ein mit Wasser gefüllter Behälter (meist in Form einer Vase) geleert wird und der sich kurz darauf wieder mit Wasser füllt, das abermals ausgeschüttet wird. Auch danach füllt sich der Behälter aufs Neue und so fort.

Geschichte

William E. Spooner: Wenn man nach uralten Zaubereffekten mit Gerätschaften recherchiert, stellt man sich einer großen Herausforderung. Unter Zauberern galt jahrelang die Erkennt­nis, dass das Becherspiel und das Ringspiel wohl in der Tat die ältesten Kunststücke seien. Grund­lage für die Datierung des antiken Becher­­spieles waren Höhlenzeichnungen, die man in der Gruft von Beni Hasan von etwa 2600 vor Christi Geburt fand. Inzwischen wissen wir, dass diese Interpretation falsch war. (Anm. der Red.: siehe hierzu den Artikel von Bill Palmer, MW, Heft 3, Jahrg. 58, 2009, Seite 142ff.) Durch die Schriften von Alciphron aus Athen (Philosoph und Rhetoriker [um 170 und 350]) wird belegt, dass das Becherspiel „erst“ um 300 bekannt war.

Der Fund eines uralten Artefaktes trieb nun die Recherche nach einem Zaubereffekt voran, der offensichtlich noch älter als das Ringspiel und das Becherspiel ist. Die Nachforschungen haben ergeben, dass eine Art unerschöpflicher Behälter als der vielleicht älteste dokumentierte Zaubereffekt mit einem Gerät gilt.

1986 wurde in einer Privatsammlung ein „vor-columbiansches Tongefäß“ entdeckt. (Anm.: die „vor-columbianische“ Zeit bezeichnet die Geschichte, die vor europäischem Ein­fluss in Amerika existierte, also vor der Ent­deckung Amerikas von Christopher Columbus im 15. und 16. Jahrhundert.)

Die Konstruktion dieses Gefäßes ist identisch mit der einer modernen „Lota-Vase“. Das Gefäß weist eine zentrale Hülse auf, die mit der Öffnung verbunden ist, und zeigt deutlich je ein Luftloch oben und in der Nähe des Bodens. Wird das Gefäß mit Wasser gefüllt kann man mit ihm exakt den Effekt einer zeitgenössischen Lota-Vase vorführen.

Ein Historiker der vor-columbianischen Zeit vermutet, dass das Artefakt sehr wahrscheinlich aus einer Kultur stammt, die in der Kü­sten­landschaft von Peru existierte, ehe Colum­bus Amerika entdeckte. Um die Bestimmung noch exakter durchzuführen, wurde vom Boden des Gefäßes ein Stückchen abgeschabt und in ein Labor zur genauen Altersanalyse mit Hilfe der Thermo­lumines­zenz-Methode geschickt. Man fand heraus, dass dieses Gefäß sehr wahrscheinlich um 1290 gebrannt wurde.

Da man nicht davon ausgehen kann, dass das Gefäß in einer Zaubervorstellung eingesetzt worden ist, wird vermutet, dass es für bestimmte Rituale von Schamanen benutzt wurde. Es ist hinlänglich bekannt, dass in Tempelritualen oftmals Zaubereien einbezogen waren.

Die Ergebnisse dieser Untersuchungen wurden 2007 in einer Archäologiezeitschrift veröffentlicht. Im Rahmen weiterer Nach­for­schun­gen fand man heraus, dass bereits in den 1960er Jahren ein Artikel veröffentlich worden war, der sich mit antiken Gefäßen aus der Etrusker-Zeit um 500 v. Chr. beschäftigte. Die Töpfer damals waren im Herstellen von neuartigen Gefäßen sehr erfindungsreich. Eins ihrer Gefäße ist absolut identisch mit der Konstruk­tion und Funktionsweise der bekannten Lota-Vase. Es wird berichtet, dass sich das Gefäß 10 Mal wieder „füllen“ konnte. In Ergänzung zu dieser Trick-Amphore (lota = Gefäß) stellten die Etrusker auch tröpfelnde Trinkbecher und weitere kuriose Tongefäße her. Zwei dieser antiken Amphoren haben über­lebt und befinden sich in Museen, u. a. im „Boston Museum for Fine Arts“.

Dieses Museums-Artefakt gilt nun als das älteste bekannte Zaubergerät: das unerschöpfliche Gefäß, das wir als „Lota-Vase“ bezeichnen.

Weitere Nachforschungen in alten Texten haben schließlich auch herausgefunden, wann zum ersten Mal die Lota-Vase von einem Zauberkünstler eingesetzt worden ist. Dies war im 14. Jahrhundert im Mittleren Osten. In Zen­tralamerika kam die Lota-Vase im 16. Jahr­hundert als Zauberkunststück vor. Dies war auch die Zeit, in der die Form der Lota-Vase verändert wurde. Man findet nun Gefäße in Fass-Form, als Flaschen und als Punsch­schale. Die Punschschale wurde in der Mitte des 18. Jahrhundert verwandt. Sie war aus Metall gefertigt und ist im Grunde genommen eine Lota-Vase mit einer sehr großen Öffnung. Heute kann man mit einfacheren Methoden eine unerschöpfliche Vase herstellen. Eine Version ermöglicht es, dass nahezu immer genau die gleiche Wassermenge ausgegossen werden kann. Solch ein Gefäß weist eine schmale geheime Öffnung an der Mündung auf und wird mit einem Luftloch von außen kontrolliert.

Das Wort „lota“ stammt aus Indien aus der Hindi Sprache. Es bedeutet schlicht und ergreifend „Wasser-Gefäß“. In unserer Zauberwelt verbinden wir es stets mit der unerschöpflichen Vase. Unzählige Zauberkünstler von gestern und heute haben die Lota-Vase als „Running Gag“ vorgeführt: Harry Kellar, Harry Blackstone, Sr., Sorcar, Kalanag, Dante, Robert Nelson und Milo und Roger, um nur einige zu nennen.

Abschließend sei gesagt, dass die Lota-Vase zwar nicht von einem Zauberkünstler erfunden worden ist, aber über all die Jahrhunderte wurde sie von Zauberern immer wieder gern und erfolgreich vorgeführt. Es ist offensichtlich, dass das Lota-Konzept auf die Zeit um 500 v. Chr. datiert werden kann. Damit ist die Lota-Vase das älteste bekannte Zaubergerät, das wir nachweisen können.

Literatur (Auswahl)

  • Magische Welt 1955 - Nr. 1, Seite 14: Marvillo : Wasser aus Indien (Türkenfes)
  • Magische Welt 1980 - Nr. 5, Seite 226 : Binder-Mara, Rainer: Neue Ideen 18. Wasser aus Indien einmal anders
  • Magische Welt 1980 - Nr. 6, Seite 329: Khebel, Thilo: Vier Vorschläge zu bekannten Tricks (Lota Bowl)

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