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John Fisher

Aus Zauber-Pedia
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John Fisher; Foto: Wittus Witt

John Fisher (* 8. Januar 1945 in South­amp­ton, England) ist ein englischer Zauberkünstller, Autor und Show-Produzent.

Leben

John Fisher ist seit jüngster Kindheit zauberbegeistert, als ihm sein Großvater ein Zauberkunststück zeigte. Mit 11 Jahren sah er Richiardi, Jr., später verfolgte er jede Fernseh­sen­dung mit David Nixon und Robert Harbin. Nach erfolgreichem Studium von Literatur und Englisch an der Oxford Universität begann seine Laufbahn 1968 bei der BBC in Man­chester. 1970 ging er zur BBC  in London und half mit, kulturelle Dokumentarfilme zu produzieren, u. a. auch über Charly Chaplin. Von 1971 bis 1982 arbeitet er für die „Parkinson Show“ (eine wö­chent­liche Show ähnlich der amerikanischen „Tonight Show“). Ab 1976 war er auch deren Produzent und holte viele Berühmtheiten nach England (u.a. Bob Hope, Bing Crosby, Fred Astaire und James Cagney). Berühmte Zauberer wie Harry Lorayne und Borra waren ebenfalls Gäste dieser Show.

Interview mit John Fisher

aus: Magische Welt, Heft 3, 2001

WW: John, was zeichnet einen Pro­du­zenten aus, was ist seine Funktion?

JF: Nun, der Produzent muß die bestmögliche Umgebung für eine Sendung schaffen, ein optimales Enviroment für den Vorfüh­renden, der über das Medium Fernsehen zum Betrachter nach Hause übertragen werden soll. Natürlich gehört noch viel mehr dazu. Man muß eine ganze Maschinerie, eine Organisation schaffen, die einem diese Übertragung ermöglicht. Und dies wiederum be­deutet, daß man mit verschiedenen anderen Fachkräften zusam­menarbeiten muß, nicht nur mit dem eigentlichen Vor­füh­ren­den, sondern auch mit Re­gisseuren, Büh­nen- und Maskenbildnern, Dreh­buch­autoren und bei Zaubersendungen auch mit entsprechenden Beratern und vielen weiteren Rat­gebern. Darüberhinaus muß man auch gerade im Unterhaltungsbereich darauf achten, daß man die best­mögliche Version des Vorfüh­renden, seine allerbeste Seite also, optimal mit der Kamera einfängt.

WW: Ist das nicht zum großen Teil auch mit die Aufgabe des Regisseurs, John?

JF: Der Regisseur ist mehr für die technische Seite des Prozesses verantwortlich. Also unter anderem für die Kamera­ein­ste­l­lun­gen, wenn z.B. aus der Empore „ge­schossen“ werden soll, dann muß er die ge­samte Technik darauf einstellen und koordinieren. Auch den Ablauf im Studio muß ein Regisseur im Griff haben. Wohlgemerkt, dies gilt in erster Linie fürs Fernsehen. Aber, in­dem ich dies gerade gesagt habe, muß ich auch anmerken, daß ich oft bei Zauber­pro­duktionen heraus­gefunden habe, daß ein Pro­duzent eigentlich dem Regisseur auch erst einmal beibringt, wie er Zauberkünstler im Fernsehen rüberzubringen hat. Da muß der Regisseur sein studiertes Wissen über Bord werfen und eine neue Dramaturgie einsetzen. Wenn es gilt, eine Diskussion zu verfolgen, oder eine Unterhaltungssendung zu bringen, in der ein Zauberkünstler auftritt, kann er bei dessen Auftritt nicht die gleichen Methoden anwenden. Er kann bei der Vor­führung des Zauberers nicht plötzlich auf eine andere Einstellung, z. B. auf eine Nah­einstellung umschneiden, wie bei dem Ge­spräch zuvor. Er muß die Kamera offen halten, in der Totalen bleiben und nicht Angst haben, daß diese Einstellung langweilig wird, er darf nicht schneiden, um das Tempo der Show zu beschleunigen. Denn wenn der Zu­schauer durch das Schneiden ein Requisit aus den Augen verliert, dann untergräbt man die Wirkung des Effektes. All dies ist für den Regisseur einer Zau­bersendung oft sehr schwer nach­zu­voll­zie­hen. Die Zau­ber­beratung eines Fachmannes ist hier besonders wichtig. Ich habe zum Glück mit den besten zu­sam­mengearbeitet, wie Ali Bongo bei uns in England und Charles Reynolds aus New York. Zum größten Teil ist es die Auf­gabe dieser Zauberberater, dem Regisseur über die Schulter zu schauen und darauf zu achten, daß die Wünsche der (vorführenden) Zauberkünstler beachtet werden. Die besten Re­gis­seure von Zau­ber­sendungen – so weiß man inzwischen – sind stets die, die auf den Zauberberater hören.

WW: John, ich kenne keinen anderen Pro­duzenten, der so viele und vor allem so un­glaublich gute Zaubersendungen produziert wie Sie. Auch ein David Cop­per­field hat Sie ge­beten, seinen ersten Fernsehauftritt in Eng­­land zu produzieren. Was ist Ihr Ge­heim­nis?

JF: Mein Geheimnis? Nun, ich habe immer schon die Zauberkunst geliebt. Schon als Kind. Ich habe mit 6 oder 7 Jahren angefangen, mich dafür zu interessieren. Ich habe immer davon ge­träumt, Zauberkünstler be­sonders ernst zu nehmen und sie als besonders bedeutend heraus­zu­stel­len. Und gerade das mag vielleicht bei den Zauberkünstlern, die in der Vergangenheit ei­ge­ne TV-Shows hatten, nicht immer so zugetroffen haben. So hat ganz sicherlich ein Zauberkünstler in einer Varietésendung nicht die Auf­merk­samkeit bekommen, wie sie ein Sänger oder ein Humorist erhalten hat. Wenn also die Pro­­ben angesetzt wurden, erhielt der Sänger 3 Stunden Zeit für sein komplettes Reper­toire, der Humorist vielleicht eine Stunde, um seine Gags und Sketche zu proben, und dann kam der „arme“ Zauberer dran. Aber dem blieben immer nur noch gerade 5 Mi­nu­ten für die Probe, die aber nur ein Durch­einander waren, weil es die letzten 5 Minu­ten überhaupt waren, die für die Vor­be­rei­tungen der gesamten Sendung noch zur Ver­fügung standen. So glichen dann auch die Er­gebnisse sehr oft einer Katastrophe. Und ich habe stets die Haltung verteidigt, daß der Zauberkünstler genauso wichtig ist, wie je­der andere Star der Show auch. Als ich an­fing, Zau­berer in Sendungen einzusetzen, war es für mich immer wichtig, ihm die Zeit zu ge­ben, die er für eine optimale Probe be­nötigt. Und so hat es sich vielleicht in der Zau­ber­welt rumgesprochen, daß Zau­berkünstler gern mit John Fisher zusammen­arbeiten möchten...

WW: .... Und sie kamen ja auch alle zu Ihnen ...

JF: ...Ja, noch ehe es die eigentlichen Paul Daniels Magic Shows gab, habe ich mit Paul erfolgreich zusammengearbeitet, noch ehe er berühmt war, so auch mit Fred Kaps, Marvin Roy, Johnny Thompson oder auch Richiardi Jr., der gern mit mir eine Show machen wollte. Mundpropaganda führt dann eins zum anderen. Eine kleine Story zwischendurch, Wittus. Einer meiner liebsten Favoriten war Robert Harbin. Kurz ehe er starb, kam er noch einmal zurück nach England, er war damals be­reits ein sehr kranker Mann. Ich hörte, daß er vielleicht Interesse hätte, noch einmal in einer Fernsehsendung aufzutreten, wenn es sich mit seiner Behandlung im Krankenhaus vereinbaren lassen würde. Ich hatte in einer speziellen Sendung, die ich zu der Zeit zu­sam­menstellte, noch einen einzigen Platz, den ich füllen mußte. Für diese Sendung waren unter anderem folgende Künstler vorgesehen: Harry Blackstone Jr. und Pierre Brahma. Der Hauptplatz zum Schluß der Sen­dung war jedoch noch frei. Wir vereinbarten ein Treffen mit Robert Harbin. Ich war sehr nervös, denn dies sollte ein Treffen mit ei­nem meiner Idole sein. Er sollte übrigens nicht wissen, daß ich über seine Krankheit Bescheid wußte. Robert Harbin sprach von seinen vielen schlechten Erfahrungen, die er mit Fern­seh­auftritten hatte. Dabei erwähnte er speziell eine Show, in der er 9 Minuten Zeit bekommen sollte, die er auch unbedingt für eine Illusion benötigte. Man versprach sie ihm hoch und heilig. Unmittelbar vor seinem Auf­tritt kam der Aufnahmeleiter zu ihm, tippte ihm auf die Schulter und sagte: „Good Luck, Mr. Harbin, Sie haben 4 Minuten“. Harbin wurde regelrecht verrückt. Die Show sollte u.a. die besten Zauberer des Jahres präsentieren, und er sollte den 1. Preis erhalten, aber wie konnte er dem Anspruch gerecht werden, der beste Zauberer des Jahres zu sein, wenn er nur vier Minuten Zeit hatte, und somit die Vorstellung zur schlechtesten machen würde? Was sollten die Zuschauer denken, wenn sie den „besten Zauberer des Jahres“ mit einer so schlechten Vorführung erleben würden? Wie gesagt, dies erzählte er mir bei dem oben erwähnten Treffen in Bezug auf seine negativen TV-Erfahrungen. Als gutes Beispiel führte er gleich an­schlie­ßend an, daß er mal vor längerer Zeit eine ganz her­vorragende Talk-Show mit drei Zauberern gesehen hatte: Die Parkinson-Show. (Es war eine wöchentliche Talk-Show, ähnlich der amerikanischen Tonight-Show.) In dieser Show unterhielten sich Fred Kaps, Richiardi Jr. und Ricky Jay mit Mr. Parkinson. Und hier, so sagte Harbin, hätte er erlebt, mit wieviel Rücksicht die Zau­ber­kol­legen Zeit hatten, ihre Kunst einzubringen. Als ich ihm dann sagte, daß ich diese Show produziert hatte, war jedes Eis geschmolzen, und es war für Harbin überhaupt keine Frage mehr, ob er in meinem speziellen Programm auftreten würde. So, das war eine lange Antwort auf Ihre Fra­ge, Wittus, nach meinem Geheimnis. Um es auf den Punkt zu bringen, es ist wohl eine Frage der Reputation, die man sich im Laufe der Zeit erarbeitet hat. Man muß seine Vor­führenden als Stars behandeln. Ich muß aber auch sagen, daß ich oft an die Grenzen des jeweiligen Budgets gegangen bin, um den Künstlern ein sehr gutes Hono­rar zu ermöglichen.

WW: Wie kann ich das verstehen, John?

JF: Nun, sehen Sie mal: Wenn eine Spe­zia­litäten-Nummer wie Marvin Roy zu uns rüber kommt, um seine Darbietung zu zeigen, so kann er das einmal, aber nicht häufiger hintereinander. Da müssen erst wieder drei oder vier Jahre vergehen, bis wir ihn zu einer neuen Sendung einladen können, da seine Nummer eine sehr spezielle ist, ein sogenannter „novelty act“. Also habe ich bei solchen Nummern immer darauf bestanden, daß die Künstler ein sehr, sehr gutes Hono­rar erhalten. Auch dies trägt natürlich zu der Reputation eines Produzenten bei. Konnte ich mit all dem nun Ihre Frage nach dem Geheimnis beantworten, Wittus?

WW: Oh ja, durchaus. John, haben Sie eigentlich jemals gedacht, daß Zaubern im Fernsehen nicht möglich ist?

JF: Nein, nie. Ich bin ja schließlich auch mit Zaubershows im Fernsehen groß­ ge­worden. Als ich 9 oder 10 Jahre alt war, be­kamen wir den ersten Fernsehapparat. Zu dieser Zeit gab es bei weitem mehr Zau­ber­künstler im Fernsehen als heute – in Eng­land. Sie müssen das verstehen, damals gab es nur ein einziges Programm bei uns, und dennoch gab es vier oder fünf Zau­ber­künstler, von denen jeder 5 oder 6 Jahre lang eigene Sendungen hatte. Es gab Ro­bert Harbin, David Nixon, David Berglas, Chan Ca­nasta und Al Koran. Die waren zwar nicht alle zur selben Zeit auf dem Bild­schirm, aber wenn der eine aufgehört hatte, machte ein anderer nach ein paar Wochen weiter. Hinzu kamen in dieser Zeit viele Varietésendungen, in denen auch immer wieder Zauberkünstler autraten. Das Fern­sehen war also eine Art natürlicher Plattform für Zauberkunst, auf der ich weitergearbeitet habe. Erst viel später habe ich erfahren, daß sich Zauberer selbst diese Frage gestellt haben.

WW: Wie das?

JF: Nun, ich habe mich im Laufe der Zeit immer mehr für die Zaubergeschichte interessiert und betrachte mich heute als einen eifrigen Sammler der alles – außer Zau­ber­kästen – sammelt. Vor einiger Zeit konnte ich einen kompletten Satz der Zeitschrift Abracadabra erstehen …

WW: … die einzige wöchentlich erscheinende Zauberzeitschrift …

JF: … ja, und hier entdeckte ich in den frühen 50er Jahren von Abra, als das Fern­sehen nach dem Krieg zum neuen Medium wurde, daß man untereinander sehr kontrovers über Zaubern im Fernsehen geschrieben hatte. Ist das gut für unsere Kunst? Kann man die Wirkung erreichen, die man auf der Bühne erreicht? Etc., etc. Einer der Schreiber, der sehr überzeugend schrieb, war der Ansicht, daß Zaubern im Fernsehen überhaupt nicht gut sei. Und das war Robert Harbin selber, der kurze Zeit später mit Hilfe des Fern­sehens zu einem der bekanntesten Zau­berkünstler in England überhaupt wurde, abgesehen von seinen vielen wunderbaren Erfindungen. Ich bin also wirklich überrascht, daß es Menschen gibt, die daran je Zweifel hatten. Natürlich mußte man an ein paar Dinge denken: Zu der Zeit gab es ja nur schwarz-weiß Fernsehen, also waren manche Effekte nicht geeignet; wie z. B. Färbekunststücke, oder auch gewisse Karten­tricks konnten bis zur Erfindung des Farbfernsehens nicht voll ausgeschöpft werden. Nein, ich habe wirklich nie geglaubt, daß das Fernsehen kein gerechtes Medium für die Zauberkunst ist.

WW: Gab es dennoch mal eine Situation, in der Sie Probleme hatten, eine Darbietung im Fernsehen zu bringen?

JF:: Ich erinnere mich an eine einzige solche Situation. Für eine der Folgen der Paul Daniels Magic Show wollten wir einen Künst­­ler bringen, der eine Bühnenillusion mit dem Namen „Find the Lady“ vorführte. Diese Illusion wurde in den 1920er Jahren von einem Zauberer namens Amac kreiert. Er reiste nur mit dieser einen Illusion durch die Music Halls. Zuschauer, die sich an diese Illusion erinnern können, behaupten, daß es die großartigste Illusion war, die sie je gesehen haben. Zu dieser Illusion benötigt man drei Podeste, die nebeneinander, mit gewissem Abstand postiert, die gesamte Breite einer großen Bühne in Anspruch nahmen. Auf den Podesten befinden sich riesige Spiel­­karten, groß genug, um eine Frau da­hinter zu verbergen. Die Frau stellte sich auf eines der Podeste, und der Zauberer stellte eine Riesenkarte davor. Dann mußten die Zuschauer raten, wo sich die Lady befindet. Natürlich war die Frau nie da, wo man sie vermutete. – Nur am Rande: Dieser Trick wurde auch in dem Buch „Greater Magic“ beschrieben, allerdings nicht mit der korrekten Methode. – Diese Illusion wurde in den 40ern dem Zauberkünstler Cecil Lyle vermacht. Nach dessen Tod gab die Witwe diese Illusion an den britischen Zauberer Faust weiter. Faust hat mit diesem Kunst­stück sich auch wieder einen große Namen machen können. Inzwischen hat er sich von der Bühne zurückgezogen. Er hat hauptsächlich den fernen Osten und Japan mit dieser Illusion bereist. Aber er ist damit niemals im Fernsehen aufgetreten. Eines Tages rief er mich an und fragte, ob es möglich wäre, in einer meiner Shows damit aufzutreten. Ich sagte zu. Aber da man diese Illusion nicht so einfach aufnehmen konnte, buchten wir für ihn einen Saal, damit er ausreichend proben konnte, denn er be­nötigte eine neue Assistentin, die eingearbeitet werden mußte. Auch wollte ich wirklich der erste Produzent sein, der diese Illusion für das Fernsehen aufbereitete. Aber irgendwie dämmerte es mir im Laufe des Nach­mittags, an dem wir die Illusion aufzeichnen wollten, daß es nicht funktionieren würde. Als sich Paul und ich die Nummer noch mal anschauten, sah ich Paul an, und er schien meine Gedanken zu lesen: „Es geht nicht.“ Wir beide schüttelten unsere Köpfe zur selben Zeit. Wir mußten uns nun aber auch ganz, ganz schnell entscheiden, wodurch wir diese Nummer in der Sendung ersetzen konnten. Der Grund aber, warum diese Illusion im Fernsehen nicht funktionieren würde, war recht einfach: Man hätte in einer weiten, gro­ßen Totalen die Aufnahmen schießen müs­sen, damit der Zuschauer zu Hause alles verfolgen konnte, aber in Wirklichkeit hätte niemand mehr erkennen können, was sich auf der Bühne abspielt. Wenn nun eine Close-up Aufnahme dazwischen geschnitten worden wäre, hätte die Wirkung des Effekts verloren. Sie erinnern sich, was ich oben in Bezug auf eine neue Dramaturgie im Fernsehen gesagt habe? In diesem Fall hätte jedoch diese neue Dra­maturgie gänzlich gegen den Effekt im Fern­sehen gearbeitet. Man muß ja auch noch berücksichtigen, daß damals die Fern­seh­geräte immer noch recht klein wa­ren. Heute gibt es das breite Format, und vielleicht wäre es heute sogar möglich, auch diese Illusion im Fernsehen zu zeigen. Auch hätte ich ja die Möglichkeit, beim Breitband zu der To­ta­len auf dem Bildschirm kleinere Ausschnitte hineinzuschneiden, um etwas zu vedeutlichen, aber ohne das gesamte Bild ver­lassen zu müssen. Aber es wäre immer noch eine Herausforderung, dieses Kunst­stück zu bringen.

JF: Wenn Sie die Zauberei genau so als lebendige Kunst betrachten, wie Tanz und Comedy, dann muß ich „ ja“ sagen. Wie im­mer auch meine Bemühungen aussehen, wie immer sich auch meine Regisseure und die gesamte Manschaft anstrengen werden, um Menschen optimal im Fernsehen auftreten zu lassen, so wird es dennoch niemals dem Erlebnis einer Livevorführung im The­ater gleichkommen. Es wird immer an irgendetwas fehlen, ja. Dennoch, auch wenn ich das sage, es ist nur ein kleiner Raum, der nicht ausgefüllt wird. Aber in diesem speziellen Fall der Illusion hätte so unglaublich viel gefehlt, daß der Ruhm des Vorführers, der Ruf des Produzenten und der des Prä­sen­tators, Paul Daniels, stark darunter gelitten hätte. Also haben wir uns dann schweren Her­zens entschlossen, diese Darbietung nicht zu bringen, was natürlich für Faust sehr traurig war.

WW: Noch mal zurück zu dem Unterschied zwischen einer Liveperformance und einer TV-Performance.

JF: Alle meine Programme standen immer unter ein und demselben Motto: Jeder Vor­führer, sei es Paul Daniels oder wer auch immer, darf nur solche Kunststücke vorführen, die auch vor einem Theaterpublikum gezeigt werden können, und zwar genau so wie auf dem Bildschirm. Das ist sehr wichtig, denn diese Botschaft kommt rüber. Die Zuschauer respektieren diese Glaub­wür­dig­keit. Es ist ein ehrliches Spiel. Sie wissen, der Zauberer spielt ehrlich mit ihnen. Es ist eine Form des Vertrauens. Natürlich gibt es auch immer Skeptiker, die sagen: „Ach, das sind ja nur Kameratricks. Das sind alles eingeweihte Leute.“ Diese Leute würden sich allerdings auch sonst keine Zauber­vor­stel­lung anschauen. Keine Sendung, welcher Art auch immer, wird nur das Publikum er­rei­chen, für das es gemacht ist. Darüber muß man sich im Klaren sein. Selbst die gro­ßen Sendungen, die Soaps, Quizshows etc. erreichen nicht all die Zuschauer, die sie erreichen möchten. Man kann also auch erst recht nicht erreichen, daß alle die Magic Show einschalten. Aber die, welche sich die Show ansehen, die vertrauen ihnen. Es ist wichtig, daß der Zauberkünstler dieses Ver­trauen aufrechterhält.

WW: Glauben Sie, daß dies wirklich für alle und jede Zaubershow gilt, John?

JF: Um ehrlich zu sein, es gab in der Ver­gangenheit schon die eine oder andere Sen­dung, mit der ich bei manchen Tricks meine Probleme hatte. Z.B. als David Copperfield durch den Grand Canyon „flog“. Aber ich habe dennoch großen Respekt für Copper­field und für seine Anstrengungen, die er un­ternommen hat, damit die Menschen wieder über die Zauberei reden.

WW: John, und mal Hand aufs Herz, haben Sie nicht auch irgendwann einmal mit einem Kameratrick gearbeitet?

JF: Ja, ich habe mal mit einem Kamera­trick gearbeitet. Allerdings nicht während der Sendung, sondern beim anschließenden Schneiden der Sendung. Es war bei einer Paul Daniels Sendung. Paul führte den Coin Matrix Trick vor (vier Münzen wandern unter zwei Spielkarten hin und her). Während der Aufzeichnung ist uns nichts aufgefallen. Nur beim späteren Betrachten stellten wir fest, daß bei einer Close-up Einstellung bereits ein Teil einer Münze unter der Karte her­vor­schaute, obwohl man sie noch nicht sehen durfte. Paul war schon weg, sonst hätte ich ihn gebeten, die Routine noch einmal vorzuführen. Diese Ecke haben wir dann „elektronisch“ retuschiert. Aber ich glaube, das war doch noch im legitimen Bereich. Denn wir wissen ja, daß Paul das Kunststück be­herrscht, und so wollten wir ihn auch in seinem besten Licht erscheinen lassen.

WW: OK, das ist ja auch nicht wirklich mit der Kamera getrickst, John. Aber was halten Sie von David Blaines Selbst-Schwebe?

JF: Ich glaube, daß das unehrlich ist. Denn dort wird ja nicht wirklich die Reaktion desjenigen Zuschauers gezeigt, der auch den tatsächlich vorgeführten Trick gesehen hat. David Blaine hat sehr viel Lob dafür bekommen, daß es ihm gelungen ist, gerade die Reaktionen der Zuschauer auf die Zauberei besonders groß herauszustellen. Das ist sehr gut. Er ist allerdings nicht der Erste, der an den Wert dieser Reaktionen gedacht hat. So setzten wir z.B. in der Paul Daniels Show häufig eine Reihe von Zuschauern auf die Bühne, die einmal mit in den Trick einbezogen wurden, um dann ihre Reaktion mit aufzeichnen zu können. Und das größte Ge­wicht von Pauls Können als Entertainer liegt mit in dem Spaß der Zuschauerreaktionen. Ich könnte aber auch außer Paul noch einige andere Zauberer nennen, bei denen die Zu­schauerreaktionen ein Hauptbestandteil der Darbietung ist. Blaines Geheimnis liegt ei­gentlich mehr in dem, was wir nicht sehen und dennoch sehen. Im Vergleich zu Paul Daniels, bei dem wir eine ehrliche Reaktion auf das soeben Gezeigte erleben. Bei Blaine sehen wir mehrere Zuschauer-Reaktionen hintereinander, haben das Kunst­stück selbst aber nur einmal oder kaum gesehen. Mit die­­sem Prinzip kann man beim späteren Zu­sammenschneiden eine Show immer interessanter machen, als sie in Wirklichkeit war. Und deshalb erlaube ich mir zu sagen, daß die Blaine Show gerade bei der Selbst­schwe­­be unehrlich ist. Es ist nichts dagegen zu sagen, wenn man die Reaktion des Mäd­chens aufnimmt, die gerade erlebt hat, wie eine Zigarette eine Münze durchdrungen hat. Aber wenn ich bei der Selbstschwebe verschiedene Methoden kombiniere, von denen die Zuschauer aber immer nur einen Teil sehen, und sicherlich auch manchmal mehr sehen, als die Kamera sieht, dann halte ich solch eine Vorführung für unehrlich.

WW: John, Sie sagten, daß bei den Daniels Shows häufig auch Zu­schauer auf der Bühne saßen, aber in den ersten Sen­dun­­gen, die in den 80er liefen, hat man – wenn ich mich richtig erinnere – nie das Stu­diopublikum gesehen. Gab es dafür einen Grund?

JF: Nein, eigentlich nicht. Ich muß aber dazu sagen, daß es damals in England in gewisser Weise eine Art Anstandsregel gab, die es ver­­bot, Zuschauer zu zeigen. Egal in welcher Sendung. Es galt als „unordentlich“, ein Pub­likum zu zeigen. Das war ein unge­schrie­­be­nes Gesetz. Erst viel später hat sich dieses Verhalten bei uns gelockert. Aber das war genau der Punkt, warum wir in der Paul Daniels Show Zuschauer mit auf die Bühne genommen haben. Paul brauchte ja für viele Kunst­stücke Helfer. Wären die urplötzlich im Bild erschienen, hätte niemand richtig ge­wußt, woher die gekommen sind.

WW: Oops, John, der Platz wird langsam knapp. Wir werden das Gespräch im nächsten Heft fortführen. Aber lassen Sie mich jetzt noch schnell abschließend fragen: Wel­chen Rat geben Sie einem Zauberkünstler, der die Chance hat, im Fernsehen aufzutreten?

JF: Welchen Rat soll ich da geben? Nun, es ist ganz sicherlich sehr wichtig, daß die Person ihre Sache 100%ig perfekt kann. Was immer der Künstler zeigen möchte, er muß es wie im Schlaf beherrschen, denn die An­for­­de­run­gen, die der Produzent und der Re­gisseur an den Auftretenden stellen werden, können schon anstrengend sein, um den Akt optimal mit der Kamera einzufangen. Mal muß der Künstler den einen Ge­genstand etwas länger in einer Position halten, vielleicht auch in einer für ihn unüblichen, damit die Kamera ein gutes Bild schießen kann. Dennes ist sehr wichtig, daß die Nummer oder das Kunststück perfekt sitzt.

Veröffentlichungen

Shows

  • 1977 produzierte er eine Serie von jeweils einer Stunde zum Thema „The World’s Greatest Magicians“,
  • 1978 die Fred-Kaps-Magic-Show.
  • 1979 bis 1988 war er der Produzent der „Paul Daniels Magic Show“ und gewann mit ihr die „Goldene Rose von Mon­treux“.
  • 1988 wurde John Fisher Chef vom „Variety Thames TV“.
  • 1989 und 1990 produzierte er die Serie „The Best of Magic“,
  • 1922 die Serie „The Magic Comedy Strip“ und im Jahre
  • 2000 die 2-Stunden Sendung „Heroes of Magic“.

Quellen

  • Titelgeschichte in: Magische Welt, Heft 3, 2001