Belinda Sinclair

Belinda Sinclair (* 15. Dezember 1964 in New York) ist eine US-amerikanische Zauberkünstlerin und Autorin.

Belinda Sinclair, 2005 beim 100-jährigen des Magic Circle London; Foto: W. Witt
Belinda Sinclair, 2005 beim 100-jährigen des Magic Circle London; Foto: W. Witt
Belinda Sinclair, in der Close-up-Gala während des FISM-Kongresses 2006, Stockholm; Foto: W. Witt

Leben

(Auszug aus der Zeitschrift Magische Welt, Heft 5, 2005)

Wittus Witt: 1970 wurde Belinda eingeschult und mit neun Jahren begann sie bereits nebenbei, an der „Hudson Guild“ in New York (http://hudsonguild.org) Tanz, Schauspiel und Musik zu erlernen. Ihr Vater, ein professioneller Foto­jour­nalist, den sie über alles liebt, brachte sie schon früh mit der Kunst zusammen.

Schulzeit

Nach fünf Jahren musste Belinda die Schule verlassen, man warf sie raus, da sie dem Unterricht zu „eigenständig“ folgte. Sie begriff sehr schnell und war mit den Aufgaben stets vor allen anderen Mitschülern fertig. Also nutzte sie die Zeit zum Malen oder Schreiben von privaten Dingen. Das sahen die Lehrer allerdings nicht sehr gerne, und man legte ihr nahe, die Schule zu verlassen. Sie wurde, wie Belinda es ausdrückt, mit „Ehren gefeuert“.

Der „Hudson Guild“ blieb sie auch weiterhin treu und erhielt 1976 die Rolle der „Patti“ in dem Broadway-Stück „You are a good man, Charly Brown“. An der „High School for Per­forming Arts“ (bekannt durch den Film „Fame“) begann sie 1979 englische Literatur zu studieren. Dort lernte sie auch insgesamt sieben Instrumente zu spielen. 1983 legte Belinda ihr Examen ab und begann 1985 ein medizinisches Studium im Bereich „Advanced Placement Science”. Da sie jedoch mit der Art und Weise, wie man mit Medikamenten im Test umging, nicht einverstanden war, führte sie dieses Studium nicht zu Ende. 1986 begann sie, vergleichende Religionswissenschaften zu studieren und schloß 1991 mit einem PhD (entspricht unserem Doktortitel) ab. Gleich­zeitig studierte sie ab 1987 an der Glendale Uni­ver­sity in Colorado Archäologie. Im April dieses Jahres erhielt sie ihren zweiten Doktortitel auf dem Gebiet der „klinischen Hypnotherapie“.

Die Zauber-Zeit

1982 kam sie per Zufall zur Zauberkunst. Während ihrer Studien spielte sie in New York Straßentheater. Dort traf sie den in Amerika berühmten Clown „Bozo“, das Original. Von ihm war Belinda begeistert und versuchte sich ebenfalls mit clownesken Szenen. Bozo riet ihr jedoch davon ab: „Mit solchen Augenbrauen kannst Du kein Clown werden“, sagte er lachend zu ihr. Also suchte sie etwas anderes und betrat eines Tages das Geschäft von Louis Tannen, um nach Zau­bertricks Ausschau zu halten. Toni Spina bot ihr ein Kunststück mit einer Art flachen Würfel an, dessen Form sich immer wieder verwandeln ließ. Er war jedoch in Belin­das Augen grauenvoll gestaltet, und als sie den Preis von rund 80 Dollar hörte, sagte sie, daß sie so etwas auch selber machen und vor allem besser gestalten könne. Nach ein paar Tagen kam sie mit „ihrem“ Kunst­stück zurück. Toni Spina war begeistert und bot Belinda an, für ihn zu arbeiten. In den nun folgenden zehn Jahren fertigte Belin­da etliche Illustra­tio­nen an, von de­nen man viele in den großen Tannen-Katalogen entdecken kann (oft signiert mit „BS“). Aber wichtiger für sie war, daß sie in dieser Zeit alle neuen Zauber­kunst­stücke fast immer als Erste kennenlernte und auch stets an den „Tannen’s Jubilee-Veran­stal­tungen“ teilnehmen konnte. Sie war und ist begeistert von Darwin Ortiz, Derek Dingle, René Lavand, Lennart Green, Carl Cloutier, Kohl and Company, Marco Tempest, Joe Monti und Vito Lupo. Aus anderen Bereichen ließ sie sich von dem italienischen Regisseur Roberto Benigni (*27. 10. 1952) inspirieren (Oscar-Preisträger für den Film „Life is Beautiful“ – auch Benigni verfügt übrigens über ein unglaubliches Lachen), vom Bildhauer Auguste Rodin (1840–1917) und von dem Dichter und Poeten Pablo Neruda (1904-1973), dessen Gedichte sich Belinda zwischen ihren Reisen immer wieder auf dem Laptop im Internet anschaut. Belinda Sinclair liebt alle Aspekte der Zau­berkunst, sie hat keine speziellen Vorliebe. Sie versteht aber auch die Vor­urteile, mit denen man der Zauberkunst häufig begegnet. Für sie ist das Zusammentreffen mit der Zauberkunst das Groß­artigste, was ihr bislang im Leben begegnet ist. „In my obscurity came forth a light, which illuminated my sole. And that was Magic.“ (In meiner Dunkelheit erschien ein Licht, welches mei­ne Seele er­leuch­tete. Und das war Magie.)

Definition Zauberkunst

Von Belinda erfahre ich zum ersten Mal bewußt eine Defi­ni­tion für die Zauberkunst, wie sie mir in dieser kurzen und prägnanten Form noch nirgends begegnet ist. Sie sagt: „Magic is the Art of Affecting Changes in Consciousness at will.“ (Zauberei ist die Kunst, beim Betrachter eine sofortige Veränderung des Bewußtseins zu be­wirken.) Belinda ist der Überzeugung, dass das Gestalten von Phä­no­men das Bewußtsein unmittelbar verändert. Der Betrachter erlebt diese Ver­änderung sofort, hier und jetzt – peng! Alles andere tritt dabei in den Hinter­grund.

Frauen in der Zauberkunst

Vor gut zwei Jahren entdeckte Belinda ein Thema in der Zauber­kunst, das bislang kaum gründlich bearbeitet wurde: zaubernde Frauen in der Geschichte der Zauber­kunst. Sie suchte nach einem Sponsor, der ihre Arbeit unterstützen würde und fand – glückliches Amerika – recht bald einen geeigneten Partner. Ihr Projekt besteht inzwischen aus drei Bereichen: Eine Dokumentation in Buchform (sie hat bereits über 700 Seiten zusammengetragen), eine Filmreportage und eine Doku­men­tation über die Filmreportage. Dieses Projekt veranlasste sie, eine Show auf die Beine zu stellen, mit der sie im Dezember letzten Jahres acht Wochen äußerst erfolgreich im Off-Broadway Perry- Theater aufgetreten ist. „Meine Geldgeber wollten mich als Zauber­künst­lerin einmal erleben. Also habe ich innerhalb von rund sechs Monaten eine Show zusammengestellt, Phenomena’, und vor fast immer ausverkauftem Haus gespielt.“ Für diese Show musste sie viel investieren, „auch ,Off-Broadway-Shows’ sind unglaublich teuer,“ sagt sie. „Du musst erst einmal mehrere zigtausend Dollar auf den Tisch legen, ehe du überhaupt anfangen kannst, richtig zu planen.“ Wie die vielen Kritiken in der Presse belegen, war es wirklich eine gelungene und künstlerisch sehr anspruchsvolle Show. Belinda war nicht nur ihre eigene PR-Frau, sie war ihr eigener Regisseur, Texter, Dramaturg und Choreo­graf, was sie aber nicht auf das Plakat drucken ließ. Nur so ist es zu verstehen, daß ein Kritiker schrieb: „Eine ganz gute Show, aber sie könnte mit einem richtigen Re­gisseur noch besser werden.“ Als Belinda dies las, setzte sie einfach einen Namen auf das Programm­heft: „Directed by Brin Fickle“. Sie lud den Kritiker erneut ein und freute sich später, als er schrieb, ja, jetzt sei es eine gute Show geworden.

Humor in der Zauberkunst

Neben all ihrem Engagement in den vielen unterschiedlichen Bereichen und neben all ihren ernsthaften Überlegungen über das Leben und die Kunst, kommt bei Belinda Sinclair nie der Humor zu kurz. Als ich ihr beim Einchecken am Flug­hafen helfe, verfolge ich amüsant einen kurzen Dialog mit ihr und dem Bodenpersonal am Schalter: Sie haben Übergewicht. Ja, ich weiß, ich habe in letzter Zeit zu viel gegessen. Nein, ich meine, Ihr Gepäck ist viel zu schwer. Ja, das weiß ich natürlich, was machen wir denn da? Bei so einer witzigen Antwort will ich mal ein Auge zudrücken ... Thank you, and have a nice day...

Weblinks

Quellen

  • Magische Welt, Heft 5, 2005