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Barnum-Effekt: Unterschied zwischen den Versionen

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Der '''Barnum-Effekt''' ist ein Begriff aus der Psychologie. Er bezeichnet die Neigung von Menschen, vage und allgemeingültige Aussagen über die eigene Person so zu interpretieren, dass sie als zutreffende Beschreibung empfunden werden. Dieses psychologische Phänomen wird auch als '''Forer-Effekt''' oder ''Täuschung durch persönliche Validierung'' ({{enS|''personal validation fallacy''}}<ref>B. R. Forer: ''The fallacy of personal validation; a classroom demonstration of gullibility.'' In: ''Journal of Abnormal Psychology.'' Band 44, 1949, S. 118–123, PMID 18110193.</ref>) bezeichnet.
Der '''Barnum-Effekt''' ist ein Begriff aus der Psychologie. Er bezeichnet die Neigung von Menschen, vage und allgemeingültige Aussagen über die eigene Person so zu interpretieren, dass sie als zutreffende Beschreibung empfunden werden. Dieses psychologische Phänomen wird auch als '''Forer-Effekt''' oder ''Täuschung durch persönliche Validierung'' <ref>B. R. Forer: ''The fallacy of personal validation; a classroom demonstration of gullibility.'' In: ''Journal of Abnormal Psychology.'' Band 44, 1949, S. 118–123, PMID 18110193.</ref> bezeichnet.


Der Begriff wurde von Paul Meehl eingeführt und ist nach dem Zirkusgründer P. T. Barnum|Phineas Taylor Barnum benannt. Dieser unterhielt ein großes Kuriositätenkabinett (Barnum’s American Museum|''American Museum''), das „jedem Geschmack“ etwas bieten sollte („{{lang|en|a little something for everybody}}“). Erste Forschungen zu diesem Phänomen fanden jedoch bereits in den 1920er und 1930er Jahren in Deutschland und Frankreich statt.<ref>{{Literatur|Autor=Christoph Bördlein| Titel=Frühe Forschungen zum „Barnum-Effekt“| Sammelwerk=Skeptiker| Band=13| Nummer=1| Jahr=2000| Seiten=44–45}}</ref> Unter der Bezeichnung „Verifikationsphänomen“ wurden wesentliche Aspekte des Barnum-Effekts vorweggenommen.<ref>{{Literatur|Autor=R. Meili| Titel=Hasard et Psycho-Diagnostic| Sammelwerk=Archives de Psychologie| Band=21| Jahr=1928| Seiten=198–207}}</ref><ref>{{Literatur|Autor=H. Krüger, K. Zietz| Titel=Das Verifikationsproblem| Sammelwerk=Zeitschrift für angewandte Psychologie| Band=45| Jahr=1933| Seiten=140–171}}</ref><ref>{{Literatur|Autor=Otto Bobertag| Titel=Bemerkungen zum Verifikationsproblem| Sammelwerk=Zeitschrift für angewandte Psychologie| Band=46| Jahr=1934| Seiten=246–249}}</ref>
Der Begriff wurde von Paul Meehl eingeführt und ist nach dem Zirkusgründer Phineas Taylor Barnum benannt. Dieser unterhielt ein großes Kuriositätenkabinett (''Barnum’s American Museum''), das „jedem Geschmack“ etwas bieten sollte. Erste Forschungen zu diesem Phänomen fanden jedoch bereits in den 1920er und 1930er Jahren in Deutschland und Frankreich statt.<ref>Christoph Bördlein: Frühe Forschungen zum „Barnum-Effekt“, Skeptiker| Band 13, 2000, Seiten 44–45</ref> Unter der Bezeichnung „Verifikationsphänomen“ wurden wesentliche Aspekte des Barnum-Effekts vorweggenommen.<ref>R. Meili|: Hasard et Psycho-Diagnostic, Archives de Psychologie, Band 21, 1928, Seiten 198–207</ref><ref>H. Krüger, K. Zietz|: Das Verifikationsproblem, Zeitschrift für angewandte Psychologie|, Band 45, 1933, Seite 140–171</ref><ref>Otto Bobertag:Bemerkungen zum Verifikationsproblem, Zeitschrift für angewandte Psychologie, Band 46, 1934, Seiten 246–249</ref>


== Forers Testreihe ==
== Forers Testreihe ==
Der US-amerikanische Psychologe [[Bertram R. Forer]] beschreibt ein 1948 durchgeführtes [[Psychologisches Experiment|Experiment]], in dem er seine Studenten einen angeblichen Persönlichkeitstest absolvieren ließ. Anschließend händigte er jedem als Auswertung des Tests eine persönliche Charakterbeschreibung aus und forderte sie dazu auf, den Wahrheitsgehalt dieser Auswertung auf einer Skala von 0 bis 5 zu bewerten. Der Durchschnitt lag bei 4,26&nbsp;Punkten, die Auswertung wurde also mehrheitlich als zutreffend gewertet. Tatsächlich hatte Forer allen Teilnehmern exakt denselben Text als „Ergebnis“ ausgehändigt – und dieser hatte nichts mit dem vorangehenden Test zu tun, sondern war zuvor aus Texten eines am Kiosk erhältlichen Horoskops zusammengestellt worden. Seither wurde der Test –&nbsp;mit dem gleichen Text&nbsp;– oft wiederholt. Der Durchschnittswert lag dabei stets um 4.
Der US-amerikanische Psychologe Bertram R. Forer beschreibt ein 1948 durchgeführtes Experiment, in dem er seine Studenten einen angeblichen Persönlichkeitstest absolvieren ließ. Anschließend händigte er jedem als Auswertung des Tests eine persönliche Charakterbeschreibung aus und forderte sie dazu auf, den Wahrheitsgehalt dieser Auswertung auf einer Skala von 0 bis 5 zu bewerten. Der Durchschnitt lag bei 4,26&nbsp;Punkten, die Auswertung wurde also mehrheitlich als zutreffend gewertet. Tatsächlich hatte Forer allen Teilnehmern exakt denselben Text als „Ergebnis“ ausgehändigt – und dieser hatte nichts mit dem vorangehenden Test zu tun, sondern war zuvor aus Texten eines am Kiosk erhältlichen Horoskops zusammengestellt worden. Seither wurde der Test –&nbsp;mit dem gleichen Text&nbsp;– oft wiederholt. Der Durchschnittswert lag dabei stets um 4.


Der von Forer vorgelegte Text lautete:
Der von Forer vorgelegte Text lautete:
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Allen Barnum-Aussagen ist gemeinsam, dass es ihnen an Objektivität und Falsifizierbarkeit mangelt. Sie betonen vor allem Aspekte, die allen Menschen gemeinsam sind, oder Eigenschaften, die alle Menschen gerne besitzen würden. Zudem enthalten sie meist ein Subjektivität|subjektives Element, das vom Leser unbewusst passend interpretiert wird. Beispielsweise wird die Aussage „Sie gehen nicht gern große Risiken ein“ sowohl von ängstlichen als auch von draufgängerischen Menschen als zutreffend empfunden. Das liegt daran, dass der Begriff „großes Risiko“ nicht klar definiert ist und daher vom Leser ''subjektiv'' als „Risiko, das ich nicht gern eingehen würde“ interpretiert wird. Damit trifft die Aussage natürlich immer zu.  
Allen Barnum-Aussagen ist gemeinsam, dass es ihnen an Objektivität und Falsifizierbarkeit mangelt. Sie betonen vor allem Aspekte, die allen Menschen gemeinsam sind, oder Eigenschaften, die alle Menschen gerne besitzen würden. Zudem enthalten sie meist ein Subjektivität|subjektives Element, das vom Leser unbewusst passend interpretiert wird. Beispielsweise wird die Aussage „Sie gehen nicht gern große Risiken ein“ sowohl von ängstlichen als auch von draufgängerischen Menschen als zutreffend empfunden. Das liegt daran, dass der Begriff „großes Risiko“ nicht klar definiert ist und daher vom Leser ''subjektiv'' als „Risiko, das ich nicht gern eingehen würde“ interpretiert wird. Damit trifft die Aussage natürlich immer zu.  


Barnum-Aussagen sind beispielsweise in Zeitungshoroskopen enthalten, sodass der US-amerikanischen Psychologe Bertram R. Forer bei seinen Testreihen einfach auf Zeitungshoroskope zurückgreifen konnte. Barnum-Aussagen finden auch Verwendung beim Cold Reading und beim Wahrsagen. Die Graphologie wird gleichfalls unter dem Aspekt des Barnum-Effekts betrachtet.<ref>Otto Bobertag: ''Ist die Graphologie zuverlässig?'' Kampmann, Heidelberg 1929.</ref>
Barnum-Aussagen sind beispielsweise in Zeitungshoroskopen enthalten, sodass der US-amerikanischen Psychologe Bertram R. Forer bei seinen Testreihen einfach auf Zeitungshoroskope zurückgreifen konnte. Barnum-Aussagen finden auch Verwendung beim Cold Reading und beim [[Wahrsagen]]. Die Graphologie wird gleichfalls unter dem Aspekt des Barnum-Effekts betrachtet.<ref>Otto Bobertag: ''Ist die Graphologie zuverlässig?'' Kampmann, Heidelberg 1929.</ref>


Typische Barnum-Aussagen entstehen unter anderem durch folgende Mittel:
Typische Barnum-Aussagen entstehen unter anderem durch folgende Mittel:
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* Aussagen, die zwischen zwei Polen vermitteln; Beispiel: „Sie handeln oft entschlossen, sind aber auch häufig unsicher, wie Sie sich verhalten sollen.“ Die meisten Menschen kennen beides und empfinden daher die Aussage, die keine klare Gewichtung vornimmt, als auf sie zutreffend.
* Aussagen, die zwischen zwei Polen vermitteln; Beispiel: „Sie handeln oft entschlossen, sind aber auch häufig unsicher, wie Sie sich verhalten sollen.“ Die meisten Menschen kennen beides und empfinden daher die Aussage, die keine klare Gewichtung vornimmt, als auf sie zutreffend.
* Unscharfe Formulierungen wie „Sie ''neigen'' zur Faulheit“ finden eher Zustimmung als konkrete wie „Sie haben ''heute'' noch ''nichts'' geschafft“.
* Unscharfe Formulierungen wie „Sie ''neigen'' zur Faulheit“ finden eher Zustimmung als konkrete wie „Sie haben ''heute'' noch ''nichts'' geschafft“.
* Suggestion|Suggerierte Dinge: „Heute ''könnten'' Sie jemanden verletzen“ suggeriert eine Falle, und der Leser sucht in der Erinnerung (und findet unter Umständen auch) einen dazu passenden Vorgang, der als Bestätigung gewertet wird – ohne auf den Gedanken zu kommen, ebenso bewusst nach Gegenbeispielen zu suchen.
* Suggerierte Dinge: „Heute ''könnten'' Sie jemanden verletzen“ suggeriert eine Falle, und der Leser sucht in der Erinnerung (und findet unter Umständen auch) einen dazu passenden Vorgang, der als Bestätigung gewertet wird – ohne auf den Gedanken zu kommen, ebenso bewusst nach Gegenbeispielen zu suchen.


== Gauquelins Serienmörder-Experiment ==
== Gauquelins Serienmörder-Experiment ==
Der französische Psychologe Michel Gauquelin untersuchte die Barnum-Eigenschaften Astrologie|astrologischer Persönlichkeitsprofile. Gauquelin schickte 1968 an 150 Personen, die er über ein Zeitungsinserat angeworben hatte, deren „ganz persönliches Horoskop“. Tatsächlich aber erhielt jede Person den gleichen Text, ein Persönlichkeitsprofil, das der Astrologe André Barbault aufgrund der Geburtsdaten des Serienmörders Marcel Petiot erstellt hatte (wobei Barbault nicht wusste, um wessen Geburtsdaten es sich handelte). Astrologische Persönlichkeitsprofile weisen viele Eigenschaften eines Barnum-Textes auf. Gauquelin bat die Versuchspersonen um die Beantwortung mehrerer Fragen, darunter der, ob sie in diesem Profil sich und ihre persönlichen Probleme wiedererkennen würden. 94 % der 150 Versuchspersonen bejahten diese Frage, 90 % fanden die Beschreibung sehr passend.<ref>{{Literatur
Der französische Psychologe Michel Gauquelin untersuchte die Barnum-Eigenschaften astrologischer Persönlichkeitsprofile. Gauquelin schickte 1968 an 150 Personen, die er über ein Zeitungsinserat angeworben hatte, deren „ganz persönliches Horoskop“. Tatsächlich aber erhielt jede Person den gleichen Text, ein Persönlichkeitsprofil, das der Astrologe André Barbault aufgrund der Geburtsdaten des Serienmörders Marcel Petiot erstellt hatte (wobei Barbault nicht wusste, um wessen Geburtsdaten es sich handelte). Astrologische Persönlichkeitsprofile weisen viele Eigenschaften eines Barnum-Textes auf. Gauquelin bat die Versuchspersonen um die Beantwortung mehrerer Fragen, darunter der, ob sie in diesem Profil sich und ihre persönlichen Probleme wiedererkennen würden. 94 % der 150 Versuchspersonen bejahten diese Frage, 90 % fanden die Beschreibung sehr passend.<ref>Michel Gauquelin: Dreams and Illusions of Astrology, Verlag Glover & Blair|, London, 1980, ISBN=978-0-906681-04-6</ref>
| Autor=Michel Gauquelin| Titel=Dreams and Illusions of Astrology| Verlag=Glover & Blair| Ort=London| Jahr=1980| ISBN=978-0-906681-04-6}}</ref>


Weitere und ähnliche Beispiele finden sich in der Liste der klassischen Experimente in der Psychologie.
Weitere und ähnliche Beispiele finden sich in der Liste der klassischen Experimente in der Psychologie.
In der [[Zauberkunst]] wird der Barnum-Effekt auch von [[Mentalist]]en angewandt.


{{Nachweise}}
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Aktuelle Version vom 16. Oktober 2023, 10:09 Uhr

Der Barnum-Effekt ist ein Begriff aus der Psychologie. Er bezeichnet die Neigung von Menschen, vage und allgemeingültige Aussagen über die eigene Person so zu interpretieren, dass sie als zutreffende Beschreibung empfunden werden. Dieses psychologische Phänomen wird auch als Forer-Effekt oder Täuschung durch persönliche Validierung [1] bezeichnet.

Der Begriff wurde von Paul Meehl eingeführt und ist nach dem Zirkusgründer Phineas Taylor Barnum benannt. Dieser unterhielt ein großes Kuriositätenkabinett (Barnum’s American Museum), das „jedem Geschmack“ etwas bieten sollte. Erste Forschungen zu diesem Phänomen fanden jedoch bereits in den 1920er und 1930er Jahren in Deutschland und Frankreich statt.[2] Unter der Bezeichnung „Verifikationsphänomen“ wurden wesentliche Aspekte des Barnum-Effekts vorweggenommen.[3][4][5]

Forers Testreihe

Der US-amerikanische Psychologe Bertram R. Forer beschreibt ein 1948 durchgeführtes Experiment, in dem er seine Studenten einen angeblichen Persönlichkeitstest absolvieren ließ. Anschließend händigte er jedem als Auswertung des Tests eine persönliche Charakterbeschreibung aus und forderte sie dazu auf, den Wahrheitsgehalt dieser Auswertung auf einer Skala von 0 bis 5 zu bewerten. Der Durchschnitt lag bei 4,26 Punkten, die Auswertung wurde also mehrheitlich als zutreffend gewertet. Tatsächlich hatte Forer allen Teilnehmern exakt denselben Text als „Ergebnis“ ausgehändigt – und dieser hatte nichts mit dem vorangehenden Test zu tun, sondern war zuvor aus Texten eines am Kiosk erhältlichen Horoskops zusammengestellt worden. Seither wurde der Test – mit dem gleichen Text – oft wiederholt. Der Durchschnittswert lag dabei stets um 4.

Der von Forer vorgelegte Text lautete:

“You have a need for other people to like and admire you, and yet you tend to be critical of yourself. While you have some personality weaknesses you are generally able to compensate for them. You have considerable unused capacity that you have not turned to your advantage. Disciplined and self-controlled on the outside, you tend to be worrisome and insecure on the inside. At times you have serious doubts as to whether you have made the right decision or done the right thing. You prefer a certain amount of change and variety and become dissatisfied when hemmed in by restrictions and limitations. You also pride yourself as an independent thinker; and do not accept others’ statements without satisfactory proof. But you have found it unwise to be too frank in revealing yourself to others. At times you are extroverted, affable, and sociable, while at other times you are introverted, wary, and reserved. Some of your aspirations tend to be rather unrealistic.”

„Sie sind auf die Zuneigung und Bewunderung anderer angewiesen, neigen aber dennoch zu Selbstkritik. Ihre Persönlichkeit weist einige Schwächen auf, die Sie aber im Allgemeinen ausgleichen können. Beträchtliche Fähigkeiten lassen Sie brachliegen, statt sie zu Ihrem Vorteil zu nutzen. Äußerlich diszipliniert und selbstbeherrscht, neigen Sie dazu, sich innerlich ängstlich und unsicher zu fühlen. Mitunter zweifeln Sie stark an der Richtigkeit Ihres Tuns und Ihrer Entscheidungen. Sie bevorzugen ein gewisses Maß an Abwechslung und Veränderung und sind unzufrieden, wenn Sie von Verboten und Beschränkungen eingeengt werden. Sie sind stolz auf Ihr unabhängiges Denken und nehmen anderer Leute Aussagen nicht unbewiesen hin. Doch finden Sie es unklug, sich anderen allzu bereitwillig zu öffnen. Manchmal verhalten Sie sich extrovertiert, leutselig und aufgeschlossen, dann aber auch wieder introvertiert, skeptisch und zurückhaltend. Manche Ihrer Erwartungen sind ziemlich unrealistisch.“

Barnum-Aussagen

Allen Barnum-Aussagen ist gemeinsam, dass es ihnen an Objektivität und Falsifizierbarkeit mangelt. Sie betonen vor allem Aspekte, die allen Menschen gemeinsam sind, oder Eigenschaften, die alle Menschen gerne besitzen würden. Zudem enthalten sie meist ein Subjektivität|subjektives Element, das vom Leser unbewusst passend interpretiert wird. Beispielsweise wird die Aussage „Sie gehen nicht gern große Risiken ein“ sowohl von ängstlichen als auch von draufgängerischen Menschen als zutreffend empfunden. Das liegt daran, dass der Begriff „großes Risiko“ nicht klar definiert ist und daher vom Leser subjektiv als „Risiko, das ich nicht gern eingehen würde“ interpretiert wird. Damit trifft die Aussage natürlich immer zu.

Barnum-Aussagen sind beispielsweise in Zeitungshoroskopen enthalten, sodass der US-amerikanischen Psychologe Bertram R. Forer bei seinen Testreihen einfach auf Zeitungshoroskope zurückgreifen konnte. Barnum-Aussagen finden auch Verwendung beim Cold Reading und beim Wahrsagen. Die Graphologie wird gleichfalls unter dem Aspekt des Barnum-Effekts betrachtet.[6]

Typische Barnum-Aussagen entstehen unter anderem durch folgende Mittel:

  • Grundängste, die vielen Menschen gemeinsam sind, aber als individuell empfunden werden, weil darüber wenig gesprochen wird. Beispiel: „Für den Schutz Ihrer Kinder würden Sie alles tun.“
  • Weit verbreitete Wünsche, etwa nach einer sicheren Arbeitsstelle, einer gesunden Umwelt oder einem guten Beziehungsleben
  • Aussagen, die zwischen zwei Polen vermitteln; Beispiel: „Sie handeln oft entschlossen, sind aber auch häufig unsicher, wie Sie sich verhalten sollen.“ Die meisten Menschen kennen beides und empfinden daher die Aussage, die keine klare Gewichtung vornimmt, als auf sie zutreffend.
  • Unscharfe Formulierungen wie „Sie neigen zur Faulheit“ finden eher Zustimmung als konkrete wie „Sie haben heute noch nichts geschafft“.
  • Suggerierte Dinge: „Heute könnten Sie jemanden verletzen“ suggeriert eine Falle, und der Leser sucht in der Erinnerung (und findet unter Umständen auch) einen dazu passenden Vorgang, der als Bestätigung gewertet wird – ohne auf den Gedanken zu kommen, ebenso bewusst nach Gegenbeispielen zu suchen.

Gauquelins Serienmörder-Experiment

Der französische Psychologe Michel Gauquelin untersuchte die Barnum-Eigenschaften astrologischer Persönlichkeitsprofile. Gauquelin schickte 1968 an 150 Personen, die er über ein Zeitungsinserat angeworben hatte, deren „ganz persönliches Horoskop“. Tatsächlich aber erhielt jede Person den gleichen Text, ein Persönlichkeitsprofil, das der Astrologe André Barbault aufgrund der Geburtsdaten des Serienmörders Marcel Petiot erstellt hatte (wobei Barbault nicht wusste, um wessen Geburtsdaten es sich handelte). Astrologische Persönlichkeitsprofile weisen viele Eigenschaften eines Barnum-Textes auf. Gauquelin bat die Versuchspersonen um die Beantwortung mehrerer Fragen, darunter der, ob sie in diesem Profil sich und ihre persönlichen Probleme wiedererkennen würden. 94 % der 150 Versuchspersonen bejahten diese Frage, 90 % fanden die Beschreibung sehr passend.[7]

Weitere und ähnliche Beispiele finden sich in der Liste der klassischen Experimente in der Psychologie.

In der Zauberkunst wird der Barnum-Effekt auch von Mentalisten angewandt.

Nachweise

  1. B. R. Forer: The fallacy of personal validation; a classroom demonstration of gullibility. In: Journal of Abnormal Psychology. Band 44, 1949, S. 118–123, PMID 18110193.
  2. Christoph Bördlein: Frühe Forschungen zum „Barnum-Effekt“, Skeptiker| Band 13, 2000, Seiten 44–45
  3. R. Meili|: Hasard et Psycho-Diagnostic, Archives de Psychologie, Band 21, 1928, Seiten 198–207
  4. H. Krüger, K. Zietz|: Das Verifikationsproblem, Zeitschrift für angewandte Psychologie|, Band 45, 1933, Seite 140–171
  5. Otto Bobertag:Bemerkungen zum Verifikationsproblem, Zeitschrift für angewandte Psychologie, Band 46, 1934, Seiten 246–249
  6. Otto Bobertag: Ist die Graphologie zuverlässig? Kampmann, Heidelberg 1929.
  7. Michel Gauquelin: Dreams and Illusions of Astrology, Verlag Glover & Blair|, London, 1980, ISBN=978-0-906681-04-6


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Der Artikel „Barnum-Effekt“ basiert auf dem gleichnamigen Eintrag in der deutschsprachigen Wikipedia.
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